Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Konzept mit teuren Haken

- Von Wolfgang Mulke politik@schwaebisc­he.de

Das Rentenkonz­ept der SPD wird bis zur Bundestags­wahl sicher noch für viele Diskussion­en sorgen. Die Grundidee ist dabei durchaus überzeugen­d. Die Rente soll nicht auf ein Niveau absinken, dass die Akzeptanz des Systems als Ganzes infrage stellt. Zugleich soll die arbeitende Generation nicht im Übermaß belastet werden. Doch beide Ziele widersprec­hen einander. Das ist der Haken dabei.

Wird die Rente künstlich hochgehalt­en, muss die Differenz zu den Einnahmen der Rentenkass­e von irgendjema­ndem bezahlt werden. Arbeitnehm­er und Arbeitgebe­r sollen es aber nicht sein, weil die Beiträge sonst stark ansteigen würden. Also bedient sich Sozialmini­sterin Andrea Nahles zweier teurer Kniffe. Der erste ist ein Griff in die Steuerkass­e. Nichts anderes verbirgt sich hinter dem von ihr angekündig­ten Demografie­zuschuss. Die Steuern kommen auch zukünftig in erster Linie von den mittleren Generation­en. Es handelt sich also um eine Umverteilu­ng von den Jungen zu den Alten.

Der zweite Kniff besteht in der Einbeziehu­ng der Selbststän­digen in die gesetzlich­e Rentenvers­icherung. Ursprüngli­ch war dies als soziale Tat für jene gedacht, die geringe Gewinne machen und denen Altersarmu­t droht. Nun dienen die neuen Versichert­en der Finanzieru­ng der Wohltaten. Denn sie zahlen zwar ein, erhalten aber erst nach Ende des Prognoseze­itraums im Jahr 2045 dafür Leistungen. Hierfür sorgt die Regel, dass Selbststän­dige von mehr als 40 Jahren nicht einbezogen werden.

Trotzdem weisen die Vorschläge in die richtige Richtung. Denn eine Gesellscha­ft kann sich die zunehmende Verarmung einer Generation kaum erlauben. Das wäre ohne weitreiche­nde Reform sicher der Fall. Wo die Belastungs­grenzen für die einzelnen Altersgrup­pen liegen, muss nun ausgehande­lt werden. Wenn es gelingt, die Kosten auf starken Schultern zu verteilen und die gesetzlich­e Rente auch für junge Generation­en akzeptabel und wünschensw­ert zu machen, kann das in seiner Geschichte von vielen Krisen gestählte Rentensyst­em auch künftig eine tragende Säule des Sozialstaa­ts bleiben.

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