Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Konzept mit teuren Haken
Das Rentenkonzept der SPD wird bis zur Bundestagswahl sicher noch für viele Diskussionen sorgen. Die Grundidee ist dabei durchaus überzeugend. Die Rente soll nicht auf ein Niveau absinken, dass die Akzeptanz des Systems als Ganzes infrage stellt. Zugleich soll die arbeitende Generation nicht im Übermaß belastet werden. Doch beide Ziele widersprechen einander. Das ist der Haken dabei.
Wird die Rente künstlich hochgehalten, muss die Differenz zu den Einnahmen der Rentenkasse von irgendjemandem bezahlt werden. Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen es aber nicht sein, weil die Beiträge sonst stark ansteigen würden. Also bedient sich Sozialministerin Andrea Nahles zweier teurer Kniffe. Der erste ist ein Griff in die Steuerkasse. Nichts anderes verbirgt sich hinter dem von ihr angekündigten Demografiezuschuss. Die Steuern kommen auch zukünftig in erster Linie von den mittleren Generationen. Es handelt sich also um eine Umverteilung von den Jungen zu den Alten.
Der zweite Kniff besteht in der Einbeziehung der Selbstständigen in die gesetzliche Rentenversicherung. Ursprünglich war dies als soziale Tat für jene gedacht, die geringe Gewinne machen und denen Altersarmut droht. Nun dienen die neuen Versicherten der Finanzierung der Wohltaten. Denn sie zahlen zwar ein, erhalten aber erst nach Ende des Prognosezeitraums im Jahr 2045 dafür Leistungen. Hierfür sorgt die Regel, dass Selbstständige von mehr als 40 Jahren nicht einbezogen werden.
Trotzdem weisen die Vorschläge in die richtige Richtung. Denn eine Gesellschaft kann sich die zunehmende Verarmung einer Generation kaum erlauben. Das wäre ohne weitreichende Reform sicher der Fall. Wo die Belastungsgrenzen für die einzelnen Altersgruppen liegen, muss nun ausgehandelt werden. Wenn es gelingt, die Kosten auf starken Schultern zu verteilen und die gesetzliche Rente auch für junge Generationen akzeptabel und wünschenswert zu machen, kann das in seiner Geschichte von vielen Krisen gestählte Rentensystem auch künftig eine tragende Säule des Sozialstaats bleiben.