Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Erzengel hat’s nicht leicht

Augsburger Puppenkist­e bringt die Weihnachts­geschichte ins Kino

- Von Bernd Buchner

AUGSBURG (KNA) - Seit zwei Jahren steht in der Augsburger Puppenkist­e die Weihnachts­geschichte auf dem Programm. Nun kommt die Erzählung von Jesu Geburt auch in die Kinos und bietet eine kindgerech­te Alternativ­e zu Kitsch in der Adventszei­t.

Noel, der Esel, ist aufgebrach­t. Seine Herrin Maria kann ihr Kind doch nicht in einer „Bruchbude“und auf einem Ballen Stroh zur Welt bringen! Aber der gemütlich brummende Ochse und die elegante muslimisch­e Kameldame wissen auch keinen Rat. Da wird Jesus eben im Stall von Bethlehem geboren. So munter, wie der Heiland quiekt, hat es ihm nicht geschadet. Hirten und die drei Weisen aus dem Morgenland sind zur Stelle, Noel hat sich wieder beruhigt und singt mit seinem tierischen Chor besinnlich „Stille Nacht, heilige Nacht“.

Seit zwei Jahren zeigt die Augsburger Puppenkist­e eine ebenso amüsante wie hintersinn­ige Fassung der Weihnachts­geschichte. Nun ist eine Kinoadapti­on der Erzählung des Evangelist­en Lukas entstanden. Sie wird an den vier Adventsson­ntagen in mehr als 300 Kinos in Deutschlan­d und Österreich gezeigt. Der Aufwand hielt sich in Grenzen: kleine Filmproduk­tionsfirma, schmales Budget. Zu den Geldgebern gehören auch einige katholisch­e Bistümer. Parallel entstand ein Hörbuch, gesprochen von der Schauspiel­erin Martina Gedeck.

Bei dem einstündig­en Film handelt es sich um eine „Theaterins­zenierung, die fürs Kino abgefilmt wurde“, wie Regisseur und Puppenkist­en-Chef Klaus Marschall erzählt. Liveübertr­agungen, wie sie etwa bei Opern üblich sind, „können wir uns nicht leisten“. Das Stück wurde mehrmals hintereina­nder vor Publikum gespielt, in den Pausen sieht man in gespannte Kindergesi­chter im Zuschauerr­aum.

Urmel, Alfons, Lummerland: Für die Augsburger Marionette­nbühne ist Jesu Geburt in Bethlehem ein vielleicht nicht ganz naheliegen­der Stoff. Theaterche­f Marschall kam vor Jahren durch ein Konzert der KlezmerMus­ikerin Susanne Ortner auf die Idee: „Wir könnten die Weihnachts­geschichte dorthin verlegen, wo sie herkommt, in die Wüste. Und mit jüdischer Musik untermalen.“Ortner fand eine schöne klangliche Mischung, Judith Gardner schrieb ein heiteres und tiefgründi­ges Drehbuch. 2014 war Premiere auf der Puppenkist­en-Bühne.

Der Esel fungiert als Erzähler Für das Stück wurden eigens 23 neue Holzpuppen angefertig­t. Auch wenn Maria ein wenig aussieht wie Rotkäppche­n aus dem Märchen, mit dem bösen Wolf hat der lustige Esel Noel kaum Ähnlichkei­t. Der plüschige Graurock lenkt mit fröhlich wiederkehr­endem „i-a“durch die Geschichte, die das frisch vermählte Paar Josef und Maria von Nazareth nach Bethlehem führt. Kaum haben sie ein Häuschen gebaut und geheiratet, müssen sie zur Volkszählu­ng nach Judäa und auf dem Weg dorthin einem Sandsturm widerstehe­n, von der nächtliche­n Geburt im Stall einmal ganz abgesehen.

Weihnachte­n ist eine „ernste, aber keine traurige Geschichte“, sagt Marschall. Deshalb kommt der Humor auf der Bühne und im Film nicht zu kurz. Der Erzengel Gabriel etwa hat notorische Probleme bei seinen Anflugmanö­vern und legt eine Bruchlandu­ng nach der anderen hin. Und der römische Zenturio, der Maria und Josef drangsalie­rt, muss den Rückweg zu Fuß antreten, weil sein Pferd abgehauen ist.

Gezeigt wird der Film in der Region in folgenden Kinos: Memmingen, Neu-Ulm, Biberach, Friedrichs­hafen. Weitere Infos unter www.kiko-production­s.de

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FOTO: AUSGBURGER PUPPENKIST­E Der Erzengel Gabriel hat zwar mit Problemen bei der Landung zu kämpfen, aber irgendwann schafft er es dann doch, den Hirten auf dem Feld die Geburt des Heilands zu verkünden.

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