Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schützenstraße: Flüchtlinge ziehen im Januar um
Anwohner kritisieren Neubauten als unnötig – Ein Drittel der Asylbetten im Kreis steht leer
RAVENSBURG - 60 Asylbewerber leben derzeit in den heruntergekommen Baracken in der Ravensburger Schützenstraße 106. Sie sollen im Januar in die Wangener Straße 138 umziehen, wo derzeit zwei neue Wohnmodule entstehen. Bei den Nachbarn gibt es dagegen Widerstand. Nicht zuletzt wird moniert, dass hier für viel Geld neu gebaut wird, während andernorts Asylbewerberheime leer stehen.
Rund ein Drittel aller Betten in Asylunterkünften im Landkreis Ravensburg sind derzeit nicht belegt. In Zahlen sind das mehr als 1500. Dennoch baut der Landkreis in der Wangener Straße in Ravensburg zwei weitere Gebäude für maximal 90 Bewohner. Kostenpunkt laut Baugenehmigung: rund 500 000 Euro.
15 Einwendungen aus der Nachbarschaft gingen gegen das Bauvorhaben ein; sie wurden allesamt abgelehnt. Die Gründe für die Einwände waren vielfältig. Die Bürger klagten über zu späte Information seitens der Stadt. Sie bemängelten, dass die strengen Vorgaben des Bebauungsplans für die neuen Häuser nicht gelten würden. Sie fürchteten Lärm und andere Probleme mit den neuen Nachbarn. Aufgrund der großen Zahl der Asylbewerber sei eine Integration nicht möglich. Ein Anwohner berichtete, ein Makler hätte durch das Asylheim den Wert seiner Immobilie bei einer Schätzung um rund 25 bis 30 Prozent reduziert.
Keiner der Anwohner will seinen Namen in der Zeitung lesen. Alle fürchten, in die rechte Ecke gestellt zu werden. „Wenn da Familien kommen würden, hätten wir kein Problem“, sagt ein Nachbar. „Aber nicht so viele alleinstehende Männer.“
Aktuell erbost die Nachbarschaft, dass im Landkreis rund 1500 Plätze für Asylbewerber leer stehen. Anstatt die zu belegen, baue der Landkreis nun für viel Geld vor ihrer Nase neue Häuser mit Betten, so der Vorwurf. Und das, obwohl diese Gebäude nur drei Jahre lang genutzt werden dürfen. So lange läuft der Überlassungsvertrag mit dem Grundstückseigentümer.
Die Kreisverwaltung, die für die Erstunterbringung von Asylbewerbern zuständig ist, argumentiert anders. Sie führt die Verteilungsquote auf die Städte und Gemeinden als Begründung an. „Die Asylbewerber, die in die Wangener Straße einziehen werden, ziehen aus der Schützenstraße dorthin“, sagt Claudia Roßmann von der Stabsstelle des Landrats. „Damit zählen sie zur Quote, welche die Stadt Ravensburg zu erfüllen hat.“Flüchtlingsunterkünfte des Kreises, die leer stehen, würden an die Kommunen zur Anschlussunterbringung