Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Bodensee als „Drehscheibe“für den Weinhandel
Thomas Knubben und Andreas Schmauder stellten ihren Band „Seewein – Weinkultur am Bodensee“vor
RAVENSBURG (dls) - Bereits eine halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn stand am Donnerstag eine Schlange vor der Buchhandlung Ravensbuch. Denn drinnen lockte neben einer verheißungsvollen Buchvorstellung eine verlockende Weinprobe: Thomas Knubben und Andreas Schmauder, die beiden Herausgeber von „Seewein“gaben an diesem Abend einen Einblick in die Geschichte des Weinbaus und die Weinkultur der Bodensee-Region.
Knubben, der langjährige städtische Kulturreferent und heutige Professor für Kulturmanagement an der PH Ludwigsburg, und Schmauder, der Stadtarchivar und Leiter des Humpismuseums, als Honorarprofessor an der Uni Tübingen lehrend, stammen zwar aus Rottweil und Metzingen, sind aber schon lange von der Stadt Ravensburg adoptiert worden und gehören quasi zu deren Bildungsinventar.
Eine Lesung solle es nicht werden, stellte der Kulturwissenschaftler und Autor Thomas Knubben gleich klar. Der Band, der im Zusammenhang mit der Eröffnung des Weinmuseums Vineum in Meersburg Ende Juli entstand, befasse sich wissenschaftlich fundiert und verständlich geschrieben mit der Geschichte der Weinkultur am Bodensee. Dazu gebe es nicht gänzlich neue, aber doch neu gesicherte Erkenntnisse wie zum Beispiel die Erforschung von 7000 Jahre alten Pollenfunden durch den Archäobotaniker Manfred Rösch, mit der immerhin die Existenz einer wilden Weinrebenart – als 40 Meter hohe Rankpflanzen in den Wäldern – nachgewiesen werden konnte.
„Wir dachten eigentlich, wir wüssten schon einiges zu diesem Thema“, meinte Knubben, „aber da konnten wir noch eine ganze Menge lernen“. Zum Beispiel über die Entwicklung des Sees von einer doppelt so großen Wasserfläche vor 16 000 Jahren zu einem kleinen Wasserloch in der fernen Zukunft oder über das spezifische „Terroir“, das die Beschaffenheit des Bodens und des Mikroklimas umfasst, oder zum Thema Seewein seit der Römerzeit und der Weiterführung durch die Benediktinerklöster, deren Klosterregel jedem Mönch pro Tag als Lebensmittel circa 1,5 Liter Wein zugestand.
Der Historiker Schmauder übernahm die Schilderung der Geschichte vom frühen Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert und entwickelte ein faszinierendes Panorama dieses regionalen umfassenden Warenaustauschs: Großexport von Massenwein nach Nürnberg, Ulm und Innsbruck und Holzimport für die Rebstecken wegen des Holzmangels aufgrund von Rodungen, die Weinmärkte in den Reichsstädten rund um den See. Zuletzt kam man zu den wichtigsten Rebsorten, der ältesten, dem „Spätburgunder“, und der im 19. Jahrhundert entwickelten, dem weißen, bis heute beliebten „Müller-Thurgau“, und zu den Weingütern.
Die Zuhörer führten sich derweil vergnügt die beiden Weinproben aus dem Weingut des Markgrafen von Baden zu Gemüte und hatten offenbar keine weiteren Fragen.
Thomas Knubben, Andreas Schmauder (Hg.): Seewein. Weinkultur am Bodensee, Jan Thorbecke Verlag, 2016, 296 Seiten, mit Abbildungen, 19,99 Euro