Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bürger wollen WLZ-Besitzer zu Sanierung zwingen
Gesetz lässt Ermessensspielraum zu – Baubürgermeister sagt: Investition ist freiwillig
RAVENSBURG - Im Namen einer von ihnen selbst so bezeichneten „Bürgergruppe“melden sich die Ravensburger Alfred und Winfried Schneider nach Eschersteg und einem mittlerweile abgerissenen Haus in der Gossnerstraße nun auch in Sachen WLZ-Gebäude zu Wort: Der Eigentümer eines Denkmals müsse, so behaupten sie in einem Schreiben an die „Schwäbische Zeitung“, „grundsätzlich sein gesamtes Vermögen für den Erhalt des Denkmals einsetzen“. Ravensburgs Baubürgermeister Dirk Bastin sieht das anders.
Wie berichtet („WLZ-Gebäude droht womöglich der Abbruch“, SZ vom 23. November) sieht sich der Eigentümer des alten Speichers in der Escher-Wyss-Straße nicht in der Lage, die aktuellen, vom Stuttgarter Landesdenkmalamt geforderten bautechnischen Vorgaben umzusetzen. Schlimmstenfalls könnte er sich daher von dem Vorhaben, aus der 1922 erbauten Lagerhalle ein Apartmenthotel zu machen, gänzlich verabschieden. Ist der Erhalt eines Gebäudes „wirtschaftlich nicht mehr zumutbar“, könne die sogenannte „Opfergrenze“erreicht werden und der Besitzer einen Abrissantrag stellen, hatte Bastin erläutert.
Behörde kann zwingen Alfred und Winfried Schneider vertreten nun die Meinung, die „Opfergrenze“greife nur dann, wenn ein Eigentümer „dabei nicht mehr genug Geld für den eigenen alltäglichen Lebensunterhalt und eine übliche, angemessene Altersversorgung hätte“. Im Übrigen sei in Baden-Württemberg „jeder Eigentümer eines Denkmals gesetzlich verpflichtet, dieses zu erhalten“. Sofern er dieser Pflicht nicht nachkomme, „muss ihn die Denkmalschutzbehörde, hier die Stadtverwaltung Ravensburg, sogar im Extremfall mit Maßnahmen des Verwaltungszwangs dazu zwingen“, heißt es in dem Schreiben weiter.
Dagegen verwahrt sich Bastin entschieden: „Kein Gesetz der Welt sagt jemandem, du musst da jetzt investieren“, erläutert er auf Anfrage. Auch zur Sanierung eines Denkmals könne man niemanden zwingen. In Sachen WLZ-Gebäude setzt der Baubürgermeister freilich nach wie vor alles dran, dass aus der Sanierung zu einem Hotel doch noch was wird – schließlich habe die Lagerhalle jahrelang ohne vernünftige Nutzung dahingedümpelt und mittlerweile regne es unter anderem durchs Dach. Ihr Erhalt sei daher oberstes Ziel. Gemeinsam mit den Denkmalschutzbehörden sei man immer noch „im Abstimmungsverfahren“darüber, wie das Gebäude am sinnigsten weiterentwickelt und dennoch seine historischen Besonderheiten erhalten werden können. Da die Auffassungen aus Ravensburg und Stuttgart dazu auseinandergehen, hat das Regierungspräsidium Tübingen als Fachaufsichtsbehörde das letzte und entscheidende Wort. „Darüber können wir uns dann nicht hinwegsetzen“, so Bastin.
Seitens des Landesdenkmalamtes in Stuttgart gibt es zwar keine Aussagen zu einem laufenden Verfahren; doch räumt man hier auf Anfrage ein, dass der von Schneiders zitierte Paragraf 6 des Landesdenkmalschutzgesetzes einen „unbestimmten Rechtsbegriff“enthalte, der letztlich Auslegungssache ist. In dem besagten Paragrafen heißt es nämlich unter anderem, „Eigentümer und Besitzer von Kulturdenkmalen haben diese im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und pfleglich zu behandeln“. In der Regel, so ein Sprecher des Stuttgarter Regierungspräsidiums, in welchem das Landesdenkmalamt angesiedelt ist, würde das Land die Eigentümer jedoch unterstützen, statt ihnen Steine in den Weg zu legen – nicht zuletzt durch diverse Zuschuss-und Fördertöpfe, die man anzapfen könne.