Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Vom ersten Tag an das Gefühl der Zugehörigkeit“
Grenzgänger Sven Grünenburg über seine Erfahrungen als deutscher Arbeitnehmer in Österreich
ie attraktiv der österreichische Arbeitsmarkt für deutsche Fachkräfte ist, zeigt sich nirgends mehr als in der Bodenseeregion. Weit mehr als 3000 Grenzgänger pendeln hier täglich zur Arbeit nach Vorarlberg, und die Tendenz ist eindeutig steigend. Sven Grünenburg aus Bodolz bei Lindau ist gleich nach seinem BWL-Studium an der Hochschule Ravensburg-Weingarten vor zwei Jahren als Personalreferent bei der Meusburger Georg GmbH & Co KG in Wolfurt eingestiegen. Christiane Pötsch-Ritter hat ihn über seine Motivation und seine Erfahrungen befragt.
Herr Grünenburg, Sie haben in Deutschland studiert und konnten als Praktikant und Werkstudent vor Ort in einem großen internationalen Unternehmen arbeiten. Wie sind Sie dann als Absolvent auf die Idee gekommen, sich zum Berufseinstieg erst mal in Österreich umzuschauen? Das war eigentlich gar nicht geplant, denn ich habe mich zunächst im Kreis Lindau, Friedrichshafen und Ravensburg nach einem Unternehmen umgesehen, das mir den Einstieg ins Berufsleben ermöglicht. Nachdem der Rücklauf auf meine zahlreichen Bewerbungen für mich jedoch nicht zufriedenstellend war, habe ich den Tipp bekommen, mich doch auch einmal auf den österreichischen Job-Plattformen umzusehen. ANZEIGEN Und wie sind Sie dann vorgegangen? Über das Karriereportal laendlejob.at bin ich dann auf das Inserat der Firma Meusburger gestoßen, welches mich sofort angesprochen hat. Ich habe mich daraufhin ausführlich über die Firma informiert und unter anderem auf dem Portal kununu.com Bewertungen von Mitarbeitern durchgelesen. Nach dem Erstinterview und dem Schnuppertag im Team war für mich relativ schnell klar, dass es passt.
Gibt es aus Ihrer Sicht etwas, das die Unternehmen in Österreich auszeichnet und sie besonders für junge, hochqualifizierte Fachkräfte attraktiv macht? In Österreich habe ich das Gefühl, dass nicht nur auf Noten und Titel geschaut wird, sondern vor allem die Persönlichkeit eines Mitarbeiters im Vordergrund steht. Zudem gibt es gerade in Vorarlberg viele angesehene Unternehmen, die sich in einer Wachstumsphase befinden. Diese ermöglichen es jungen Menschen, mit dem Unternehmen zu wachsen und schon sehr früh verantwortungsvolle Positionen zu bekleiden.
Wie sieht es mit der Unternehmenskultur aus? Gibt es hier Charakteristika, die Sie aus Deutschland so nicht kannten, vielleicht sogar vermisst haben? Vor allem der freundliche und persönliche Umgang mitei- nander sowohl unter Kollegen, aber besonders auch mit Vorgesetzten war mir in dieser Form bisher nicht bekannt. In fast allen Vorarlberger Unternehmen ist man von der Reinigungskraft bis zum Geschäftsführer per Du. Das erleichtert vor allem den Einstieg ins Unternehmen und vermittelt einem vom ersten Tag an das Gefühl der Zugehörigkeit. Es steht nicht nur Familienbetrieb drauf, hier wird es tatsächlich noch gelebt.
Als Personalreferent sind Sie jetzt selber in der Position, qualifizierte Mitarbeiter für Ihr Unternehmen zu gewinnen, weltweit, aber auch aus der deutschen Bodenseeregion gleich hinter der Grenze. Wie erfolgreich sind Sie dabei? Ich denke, wir haben in der Personalabteilung bei Meusburger ein tolles Team, in dem wir uns gegenseitig unterstützen. So ist es uns möglich, die neuen Positionen, die wir regional sowie weltweit schaffen, mit den richtigen Mitarbeitern, die zum Unternehmen passen, zu besetzen. Es ist in der Tat so, dass wir dabei vermehrt Zuwachs aus Deutschland bekommen. Im Vergleich zu 2015 konnten wir 2016 bis jetzt schon doppelt so viele Mitarbeiter aus der grenznahen deutschen Bodenseeregion gewinnen.
Was sollten Bewerber aus Deutschland Ihrer Erfahrung nach unbedingt beachten, um ihrerseits bei der Stellensuche in Österreich erfolgreich zu sein? Da ein besonderer Wert auf die Persönlichkeit hinter der Bewerbung gelegt wird, sollte man vor allem das Anschreiben dazu nutzen, dem Unternehmen zu zeigen, wer man ist, und warum man sich ausgerechnet bei diesem Unternehmen und für diese Stelle bewirbt.
Wenn es geklappt hat mit der Stelle: Um welche bürokratischen Besonderheiten muss man sich als deutscher Arbeitnehmer in Österreich vor Antritt noch kümmern? Da gibt es vor allem zwei Themen, die beachtenswert sind. Zum einen sollte man sich mit seiner Krankenkasse in Verbindung setzen, um das Thema Krankenversicherung zu besprechen. Zum anderen sollte man einen Termin mit dem Finanzamt vereinbaren. Als Grenzgänger ist man nämlich selbst dafür verantwortlich, die Lohnsteuer in Deutschland abzuführen. Üblich ist eine quartalsmäßige Vorauszahlung.