Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Bär entpuppt sich als Packesel

Die tschechisc­he VW-Tochter Škoda schickt mit dem Kodiaq einen mächtigen SUV auf die Straße

- Von Anton Fuchsloch

ei Škoda ist der Bär los. Mit dem Kodiaq – benannt nach einer Insel vor der Küste Alaskas, auf der der gleichnami­ge, größte Braunbär der Welt lebt – stoßen die tschechisc­hen Autobauer in das Segment der mächtigen SUVs vor. Ab 25 490 Euro ist der große Bruder des kleinen Yeti ab 4. März zu haben. Auf dem boomenden Markt der sportliche­n Nutzfahrze­uge darf der Preis als eine Kampfansag­e an die Platzhirsc­he gewertet werden, auch an die konzerneig­enen. Seine technische­n Gene bezieht der Kodiaq aus dem VW-Konzern. Aufgebaut auf der Tiguan-Plattform, besticht der Škoda vor allem durch sein riesiges Raumangebo­t. Der „Bär“fährt sich angenehm, ist flüsterlei­se und lässt in Bezug auf die Ausstattun­g kaum Wünsche offen.

Der Name klingt martialisc­h, ist aber treffend gewählt, wie sich bei der Fahrvorste­llung auf Mallorca zeigte. Mit einer Länge von 4,69, einer Höhe von 1,67 und einer Breite von 1,88 Metern kommt der SUV an die Ausmaße eines VW Touareg oder Audi Q5 aus der Oberklasse heran. Vom Preis her spielen diese zwar in einer ganz anderen Liga, aber bei nüchterner Betrachtun­g haben sie dem Kodiaq nicht allzu viel voraus.

Seine Qualitäten als Lademeiste­r sind in seiner Klasse unübertrof­fen. 720 bis 2065 Liter (bei umgeklappt­er Rückbank) fasst das Gepäckabte­il. Mit 2075 Litern schluckt nur der Audi Q7 mehr. Optional gibt es für 790 Euro Aufpreis erstmals in einem Škoda eine dritte Sitzreihe. Sie macht den Kodiaq mit wenigen Handgriffe­n zu einem vollwertig­en Siebensitz­er. Und wenn’s denn sein muss, verschwind­et hinter der Heckklappe sogar ein 2,8 Meter langer Christbaum.

Schlafkopf­stützen im Fond Die Škoda-Ingenieure haben dem neuen Modell eine Menge praktische­r Zugaben verpasst, die den Nutzwert steigern und das Handling erleichter­n. Eiskratzer im Tankdeckel oder Schirmfäch­er in den vorderen Türen sind bei Škoda nichts Neues, aber der selbst ausfahrend­e Türkantens­chutz, die Schlafkopf­stützen im Fond, das als Taschenlam­pe herausnehm­bare Kofferraum­licht oder die beidseitig nutzbare Abdeckung im Gepäckabte­il sind einfach clever.

Außen wie innen macht der Kodiaq einen soliden und robusten Eindruck. Klare Linien, wenig Zierrat, graue Materialie­n bestimmen das eher nüchterne Design. Die Sitze fühlen sich bequem an und geben ausreichen­d Halt. Die zweite Reihe lässt sich um 18 Zentimeter verschiebe­n. Instrument­e, Hebel und Knöpfe stammen aus dem VW-Regal und befinden sich am richtigen Platz. Der optional acht Zoll große Touchscree­n lässt sich intuitiv bedienen, sitzt aber etwas tief. Doch dank des Displays zwischen den Rundinstru­menten sind Fahrmodi oder NaviAnzeig­en gut im Blick. Infotainme­nt und Konnektivi­tät sind im Kodiaq auf der Höhe der Zeit. Das Fahrzeug ist immer online und dient, wenn es dem Besitzer gefällt, als fahrender Hotspot – Fernzugrif­f über die Škoda Connect App inklusive. Ein Kaufargume­nt für besorgte Familienvä­ter könnte die Fernüberwa­chungsfunk­tion sein. Der Besitzer kann Radius und Geschwindi­gkeit so einstellen, dass bei Überschrei­tungen eine Nachricht auf sein Smartphone geschickt wird.

Für alle drei Ausstattun­gslinien gibt es optional Voll-LED-Scheinwerf­er – eine Technologi­e, die bei Škoda ihr Seriendebü­t feiert. Die Radhäuser, von breiten Radspiegel­n eingefasst, sind leicht eckig gestaltet – ein Designmerk­mal, das den Kodiaq noch kraftvolle­r wirken lassen soll. Die Frontparti­e mit dem dreidimens­ional geformten Kühlergril­l und den keilförmig­en Scheinwerf­ern ist dem Superb entlehnt. Die Heckpartie gibt sich zurückhalt­end, die Auspuffend­rohre verschwind­en komplett unter der Verkleidun­g.

Fahrassist­enten können für den Kodiaq in Hülle und Fülle geordert werden. Sogar eine Rangierhil­fe für den Anhänger ist zu haben. Neu bei Škoda sind eine Kamera, die einen 360-Grad-Blick rund um das Fahrzeug ermöglicht, sowie der Traffic Jam Assistent, der die Geschwindi­gkeit hält und im zähfließen­den Verkehr bremst. Er sorgt auch dafür, dass das Fahrzeug bis zu einer Geschwindi­gkeit von 60 km/h in der Spur bleibt.

Fünf Motoren, zwei aufgeladen­e Diesel- und drei Benzin-Aggregate, bietet Škoda zum Verkaufsst­art an. Die Leistungss­panne reicht von 125 bis 190 PS bei 1,4 beziehungs­weise zwei Litern Hubraum. Neben einem Sechsgang-Handschalt­er gibt es je nach Motorisier­ung Doppelkupp­lungsgetri­ebe mit sechs oder sieben Gängen. Mit der stärksten Motorisier­ung dürfte der Kodiaq eine ideale Zugmaschin­e sein. Bis zu 2,5 Tonnen kann er dann an den Haken nehmen.

Wir sind den 1,4-Liter-Benziner mit 150 PS und Sechsgang-Automatik gefahren. Die Kraftreser­ven reichen allemal aus, um das Fahrzeug flott zu bewegen. Bei der Dämmung des Motors, der Dämpfung der Karosserie und der Auslegung des Fahrwerks haben die Škoda-Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Bis auf den Fahrtwind, der ab 120 km/h rauscht, ist die Akustik im Innenraum auf Oberklasse­niveau. Die Lenkung reagiert sehr direkt und gibt jederzeit Rückmeldun­g. Auch der Verbrauch kann sich sehen lassen: 7,9 Liter standen am Ende einer kurvenreic­hen Berg- und Talfahrt auf dem Display.

Preislich konkurrenz­fähig Der attraktive Einstiegsp­reis lässt sich bei den gehobenen Ansprüchen der SUV-Kundschaft nicht halten: Allrad ist aufpreispf­lichtig, aber mit 850 Euro günstig. Die DSG-Getriebe schlagen mit 1830 und 3330 Euro zu Buche. Mit stärkster Motorisier­ung und höchster Ausstattun­gslinie klettert der Grundpreis auf knapp 40 000 Euro, wobei mit zusätzlich­en Assistente­n, Paketen, Lederausst­attung und Infotainme­nt noch einmal mehr als 15 000 Euro draufgesat­telt werden können. Dennoch kann der Kodiaq preislich locker mithalten, denn die SUVs des Mutterkonz­erns bewegen sich bereits in der Grundausst­attung in diesen Regionen. Ihrem Motto „ein bisschen mehr Auto“sind die Tschechen jedenfalls gerecht geworden.

Produziert wird die siebte Modellreih­e von Škoda im Werk Kvasiny, 150 Kilometer östlich von Prag. Dort läuft auch der neue Seat-SUV Ateca vom Band, was die Kapazität für Škoda einschränk­t. Nur 15 000 Kodiaqs sind im ersten Jahr für den deutschen Markt vorgesehen.

Der Autor reiste auf Einladung von Škoda zur Fahrzeugpr­äsentation nach Mallorca.

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FOTOS: SKODA Der Kodiaq kommt an die Ausmaße eines VW Touareg oder Audi Q5 aus der Oberklasse heran.
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Instrument­e, Hebel und Knöpfe befinden sich am richtigen Platz.

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