Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Bär entpuppt sich als Packesel
Die tschechische VW-Tochter Škoda schickt mit dem Kodiaq einen mächtigen SUV auf die Straße
ei Škoda ist der Bär los. Mit dem Kodiaq – benannt nach einer Insel vor der Küste Alaskas, auf der der gleichnamige, größte Braunbär der Welt lebt – stoßen die tschechischen Autobauer in das Segment der mächtigen SUVs vor. Ab 25 490 Euro ist der große Bruder des kleinen Yeti ab 4. März zu haben. Auf dem boomenden Markt der sportlichen Nutzfahrzeuge darf der Preis als eine Kampfansage an die Platzhirsche gewertet werden, auch an die konzerneigenen. Seine technischen Gene bezieht der Kodiaq aus dem VW-Konzern. Aufgebaut auf der Tiguan-Plattform, besticht der Škoda vor allem durch sein riesiges Raumangebot. Der „Bär“fährt sich angenehm, ist flüsterleise und lässt in Bezug auf die Ausstattung kaum Wünsche offen.
Der Name klingt martialisch, ist aber treffend gewählt, wie sich bei der Fahrvorstellung auf Mallorca zeigte. Mit einer Länge von 4,69, einer Höhe von 1,67 und einer Breite von 1,88 Metern kommt der SUV an die Ausmaße eines VW Touareg oder Audi Q5 aus der Oberklasse heran. Vom Preis her spielen diese zwar in einer ganz anderen Liga, aber bei nüchterner Betrachtung haben sie dem Kodiaq nicht allzu viel voraus.
Seine Qualitäten als Lademeister sind in seiner Klasse unübertroffen. 720 bis 2065 Liter (bei umgeklappter Rückbank) fasst das Gepäckabteil. Mit 2075 Litern schluckt nur der Audi Q7 mehr. Optional gibt es für 790 Euro Aufpreis erstmals in einem Škoda eine dritte Sitzreihe. Sie macht den Kodiaq mit wenigen Handgriffen zu einem vollwertigen Siebensitzer. Und wenn’s denn sein muss, verschwindet hinter der Heckklappe sogar ein 2,8 Meter langer Christbaum.
Schlafkopfstützen im Fond Die Škoda-Ingenieure haben dem neuen Modell eine Menge praktischer Zugaben verpasst, die den Nutzwert steigern und das Handling erleichtern. Eiskratzer im Tankdeckel oder Schirmfächer in den vorderen Türen sind bei Škoda nichts Neues, aber der selbst ausfahrende Türkantenschutz, die Schlafkopfstützen im Fond, das als Taschenlampe herausnehmbare Kofferraumlicht oder die beidseitig nutzbare Abdeckung im Gepäckabteil sind einfach clever.
Außen wie innen macht der Kodiaq einen soliden und robusten Eindruck. Klare Linien, wenig Zierrat, graue Materialien bestimmen das eher nüchterne Design. Die Sitze fühlen sich bequem an und geben ausreichend Halt. Die zweite Reihe lässt sich um 18 Zentimeter verschieben. Instrumente, Hebel und Knöpfe stammen aus dem VW-Regal und befinden sich am richtigen Platz. Der optional acht Zoll große Touchscreen lässt sich intuitiv bedienen, sitzt aber etwas tief. Doch dank des Displays zwischen den Rundinstrumenten sind Fahrmodi oder NaviAnzeigen gut im Blick. Infotainment und Konnektivität sind im Kodiaq auf der Höhe der Zeit. Das Fahrzeug ist immer online und dient, wenn es dem Besitzer gefällt, als fahrender Hotspot – Fernzugriff über die Škoda Connect App inklusive. Ein Kaufargument für besorgte Familienväter könnte die Fernüberwachungsfunktion sein. Der Besitzer kann Radius und Geschwindigkeit so einstellen, dass bei Überschreitungen eine Nachricht auf sein Smartphone geschickt wird.
Für alle drei Ausstattungslinien gibt es optional Voll-LED-Scheinwerfer – eine Technologie, die bei Škoda ihr Seriendebüt feiert. Die Radhäuser, von breiten Radspiegeln eingefasst, sind leicht eckig gestaltet – ein Designmerkmal, das den Kodiaq noch kraftvoller wirken lassen soll. Die Frontpartie mit dem dreidimensional geformten Kühlergrill und den keilförmigen Scheinwerfern ist dem Superb entlehnt. Die Heckpartie gibt sich zurückhaltend, die Auspuffendrohre verschwinden komplett unter der Verkleidung.
Fahrassistenten können für den Kodiaq in Hülle und Fülle geordert werden. Sogar eine Rangierhilfe für den Anhänger ist zu haben. Neu bei Škoda sind eine Kamera, die einen 360-Grad-Blick rund um das Fahrzeug ermöglicht, sowie der Traffic Jam Assistent, der die Geschwindigkeit hält und im zähfließenden Verkehr bremst. Er sorgt auch dafür, dass das Fahrzeug bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h in der Spur bleibt.
Fünf Motoren, zwei aufgeladene Diesel- und drei Benzin-Aggregate, bietet Škoda zum Verkaufsstart an. Die Leistungsspanne reicht von 125 bis 190 PS bei 1,4 beziehungsweise zwei Litern Hubraum. Neben einem Sechsgang-Handschalter gibt es je nach Motorisierung Doppelkupplungsgetriebe mit sechs oder sieben Gängen. Mit der stärksten Motorisierung dürfte der Kodiaq eine ideale Zugmaschine sein. Bis zu 2,5 Tonnen kann er dann an den Haken nehmen.
Wir sind den 1,4-Liter-Benziner mit 150 PS und Sechsgang-Automatik gefahren. Die Kraftreserven reichen allemal aus, um das Fahrzeug flott zu bewegen. Bei der Dämmung des Motors, der Dämpfung der Karosserie und der Auslegung des Fahrwerks haben die Škoda-Ingenieure ganze Arbeit geleistet. Bis auf den Fahrtwind, der ab 120 km/h rauscht, ist die Akustik im Innenraum auf Oberklasseniveau. Die Lenkung reagiert sehr direkt und gibt jederzeit Rückmeldung. Auch der Verbrauch kann sich sehen lassen: 7,9 Liter standen am Ende einer kurvenreichen Berg- und Talfahrt auf dem Display.
Preislich konkurrenzfähig Der attraktive Einstiegspreis lässt sich bei den gehobenen Ansprüchen der SUV-Kundschaft nicht halten: Allrad ist aufpreispflichtig, aber mit 850 Euro günstig. Die DSG-Getriebe schlagen mit 1830 und 3330 Euro zu Buche. Mit stärkster Motorisierung und höchster Ausstattungslinie klettert der Grundpreis auf knapp 40 000 Euro, wobei mit zusätzlichen Assistenten, Paketen, Lederausstattung und Infotainment noch einmal mehr als 15 000 Euro draufgesattelt werden können. Dennoch kann der Kodiaq preislich locker mithalten, denn die SUVs des Mutterkonzerns bewegen sich bereits in der Grundausstattung in diesen Regionen. Ihrem Motto „ein bisschen mehr Auto“sind die Tschechen jedenfalls gerecht geworden.
Produziert wird die siebte Modellreihe von Škoda im Werk Kvasiny, 150 Kilometer östlich von Prag. Dort läuft auch der neue Seat-SUV Ateca vom Band, was die Kapazität für Škoda einschränkt. Nur 15 000 Kodiaqs sind im ersten Jahr für den deutschen Markt vorgesehen.
Der Autor reiste auf Einladung von Škoda zur Fahrzeugpräsentation nach Mallorca.