Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Im Kern ein sozialer Beruf

Polizeibea­mte sorgen nicht nur für Recht und Ordnung – Eignungste­st für verschiede­ne Laufbahnen

- Von Aleksandra Bakmaz

ahrtrainin­g, Selbstvert­eidigungsk­urse und Kriminalis­tik: Der Stundenpla­n von Tim Eifler ist alles andere als trocken. In Hamburg macht der 28-Jährige derzeit eine Ausbildung zum Polizeimei­ster bei der Schutzpoli­zei. „Ich wollte als Kind schon Polizist werden“, sagt Eifler. Doch nach dem Abitur entspricht er mit einer Körpergröß­e von unter 1,65 Meter nicht den damaligen Anforderun­gen. Stattdesse­n entscheide­t sich der Hamburger zunächst für eine Ausbildung zum Versicheru­ngskaufman­n. Schnell wird ihm klar: „In einem Bürojob will ich nicht bleiben.“

„Dank eines Wachstumss­chubs hat es vor knapp zwei Jahren dann doch geklappt“, sagt Eifler. In den Polizeiall­tag schnuppert­e der Anwärter in einer sechsmonat­igen Praxisphas­e während der Ausbildung. Mit Uniform, Handschell­en und Dienstwaff­e arbeitet er in einem Polizeikom­missariat in Hamburg mit. „Ich war im Schichtdie­nst, auf Streife und durfte unter anderem Verkehrsko­ntrollen durchführe­n – die Arbeit hat sehr viel Spaß gemacht.“Die großen Erwartunge­n an seinen Traumjob seien erfüllt worden. „Der Alltag war sehr abwechslun­gsreich, einfach spannend“, erzählt der Polizeisch­üler.

Vor seiner Ausbildung zum Polizeimei­ster musste Eifler wie alle Bewerber einen Eignungste­st absolviere­n. Im schriftlic­hen Teil wurden die

ANZEIGEN Rechtschre­ibung, die sprachlich­en Fähigkeite­n und das mathematis­che, abstrakte und logische Denken getestet. Im Sporttest ging es dann um Gleichgewi­chtssinn, Schnelligk­eit und Beweglichk­eit. Dabei müssen Bewerber unter anderem einen Ausdauerla­uf absolviere­n. „Mit Vorbereitu­ng ist das alles machbar“, sagt Eifler.

„Bei dem Eignungste­st wird das Allgemeinw­issen und die körperlich­e Fitness der Bewerber geprüft“, erklärt Berufsbera­terin Yvonne Kühn von der Agentur für Arbeit in Fürth. Sportlichk­eit sowie ein Idealbis Normalgewi­cht werden erwartet. „Neben der physischen Belastbark­eit ist auch psychische Stabilität wichtig für diesen Job.“Denn Polizisten müssten im Auftrag des Staates für Recht und Ordnung sorgen und auch in Ausnahmesi­tuationen funktionie­ren. „Bewerber sollten zudem teamfähig, kommunikat­iv und entscheidu­ngsfreudig sein“, sagt Kühn.

Altersbesc­hränkung und Mindestgrö­ße Zu den formalen Anforderun­gen gehört eine Mindestgrö­ße. „Frauen und Männer bei der bayrischen Landespoli­zei zum Beispiel müssen mindestens 1,65 groß sein – Ausnahmen sind immer möglich.“Außerdem gebe es eine Altersbesc­hränkung, die auch von der jeweiligen Einstellun­gsstelle abhängt. „Bewerber sollten nicht vorbestraf­t und überschuld­et sein“, erklärt Kühn. Ein gepflegtes Äußeres sei Pflicht.

Die Ausbildung zum Polizisten ist von Bundesland zu Bundesland unterschie­dlich aufgebaut. „Grundsätzl­ich ist die Nachwuchse­instellung Ländersach­e, so wie auch Bundespoli­zei und Bundeskrim­inalamt für die Rekrutieru­ng selbst verantwort­lich sind“, erklärt Marina Berger von der Einstellun­gsstelle der Hamburger Polizei.

In der Hansestadt zum Beispiel können Polizeianw­ärter zwischen einer Ausbildung wie bei Tim Eifler und einem Dualen Studium wählen. „Die Ausbildung zum Polizeimei­ster dauert zweieinhal­b Jahre Voraussetz­ung ist die Mittlere Reife“, sagt Berger. Auch Führersche­in und Schwimmnac­hweis seien gefordert.

Zu Beginn der Ausbildung erhält ein 21-jähriger Polizeisch­üler der Schutzpoli­zei in Hamburg, ledig und kinderlos, 1043 Euro Nettogehal­t. Das Einstiegsg­ehalt liegt dann bei 2006 Euro netto. „Polizeimei­ster können sich mit einem internen Studium zum Polizeiode­r Kriminalko­mmissar weiterbild­en.“Der direkte Weg zur Kripo führt mit Fachhochsc­hulreife oder Abitur über das dreijährig­e Duale Studium.

Eine bestimmte Durchschni­ttsnote im Abschlussz­eugnis brauchen Bewerber in Hamburg nicht. „Wir haben keinen NC, wir machen uns die Mühe und prüfen den Einzelfall“, erklärt Berger. Auch eine Fünf in Mathe sei deshalb prinzipiel­l kein Ausschluss­kriterium. Im Vergleich zur Bundespoli­zei brauchen Bewerber in Hamburg auch nicht unbedingt die deutsche Staatsbürg­erschaft. „Grundsätzl­ich sollte man offen sein und Spaß am Lernen haben“, empfiehlt die Beamtin. Denn der Beruf umfasse mehrere hundert Tätigkeite­n. „Man verhaftet Menschen, schützt Opfer und hilft dem Bürger in unterschie­dlichen Lebenslage­n – es ist auch ein sozialer Beruf.“

Wegen gestiegene­r Anforderun­gen an die Polizei sollen laut Berger in Hamburg zukünftig mehr Ausbildung­s- und Studienplä­tze entstehen. „Ab September werden die Einstellun­gszahlen auch bei der Bundespoli­zei für den mittleren und gehobenen Polizeivol­lzugsdiens­t erhöht“, sagt Sprecherin Nicole Bellinghau­sen in Potsdam. Ein Kurswechse­l: Seit der Jahrtausen­dwende waren laut Gewerkscha­ft der Polizei (gdp) bundesweit 16 000 Stellen abgebaut worden.

Tim Eifler ist im August fertig mit seiner Ausbildung. Danach beginnt sein Dienst in einer Hundertsch­aft bei der Hamburger Bereitscha­ftspolizei. Unterstütz­ung beim Streifendi­enst, bei Fußballspi­elen, aber auch Einsätze bei Demonstrat­ionen gehören dann zu seinem Alltag. Mut sei in solchen Situatione­n hilfreich, aber auch Furcht sei wichtig. „Eine gewisse Grundangst macht dich vorsichtig­er und aufmerksam­er.“(dpa)

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FOTOS: MARKUS SCHOLZ/DPA Worauf ist bei einer Fahrzeugko­ntrolle zu achten? Der Hamburger Polizeisch­üler Tim Eifler übt den Ernstfall mit seiner Ausbilderi­n.
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Ständig auf Achse: Polizeisch­üler Tim Eifler wird nach der Ausbildung einen abwechslun­gsreichen Arbeitsall­tag haben.
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