Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Van der Bellen wird Österreichs Präsident
Unerwartet klarer Wahlsieg gegen FPÖ-Kandidat Norbert Hofer
WIEN - (dpa) Die Rechtspopulisten haben bei der Präsidentenwahl in Österreich eine unerwartet deutliche Niederlage erlitten. Der 72-jährige Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen gewann laut Hochrechnung mit 53,3 Prozent klar gegen den FPÖ-Bewerber Norbert Hofer (45).
Van der Bellen war es nicht zuletzt mit seinem Pro-Europa-Kurs gelungen, die Wähler zu überzeugen. Aufgrund des erheblichen Vorsprungs von rund sechs Prozentpunkten ist die Auszählung der Briefwahlstimmen am Montag nur noch von statistischem Belang. Sie kann das Ergebnis nicht mehr drehen.
Hofer gestand seine Niederlage auf Facebook ein: „Ich bin unendlich traurig, dass es nicht geklappt hat. Ich hätte gerne auf unser Österreich aufgepasst“, schrieb er. Zugleich kündigte er eine neue Kandidatur für 2022 an. Im Gegensatz zu Hofer ist Van der Bellen ein großer Anhänger der EU und will deren Kompetenzen sogar ausgeweitet sehen. Der Wirtschaftsprofessor hatte bereits die später annullierte Stichwahl am 22. Mai knapp gewonnen. Er soll am 26. Januar 2017 vereidigt werden. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre.
Unter den vielen Gratulanten für den Wahlsieger war auch SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel: „Ganz Europa fällt Stein vom Herzen“, schrieb Gabriel auf Twitter.
Im dritten Anlauf konnten 6,4 Millionen Wähler am Sonntag über das neue Staatsoberhaupt entscheiden. Die erste Stichwahl war wegen organisatorischer Fehler bei der Auszählung der Briefwahl gerichtlich annulliert worden. Der Nachholtermin am 2. Oktober platzte wegen defekter Briefwahlkuverts.
Der österreichische Bundespräsident ist einflussreicher als sein deutscher Amtskollege. So kann er die Regierung eigenmächtig entlassen, die Bildung einer Regierung nach Parlamentswahlen mitsteuern und einzelne Minister ablehnen. Van der Bellen hatte angekündigt, im Fall eines Sieges der FPÖ bei der nächsten Parlamentswahl die Rechtspopulisten nicht mit der Regierungsbildung beauftragen zu wollen.
Die Wahl war im Ausland mit einiger Sorge beobachtet worden. Die nach dem Brexit ohnehin geschwächte EU wäre mit der Wahl Hofers wohl weiter unter Druck geraten.