Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Von Essen bis Essen
Die CDU und ihre Befindlichkeit nach fast 17 Jahren Angela Merkel an der Spitze
BERLIN - Die spannendste Frage wurde schon im Vorfeld beantwortet: Die CDU-Vorsitzende und Kanzlerin Angela Merkel hat angekündigt, wieder anzutreten. Und so ist es nur noch offen, mit welchem Ergebnis sie am Dienstag auf dem CDU-Parteitag in Essen wiedergewählt wird. Weit spannender aber ist, wie die CDU mit der neuen Herausforderung des Rechtspopulismus umgeht, welchen Kurs die Partei einschlägt.
Generalsekretär Peter Tauber will die Basis auf einen harten Wahlkampf einstellen. Die CDU werde mit „breiterem Kreuz und etwas mehr Mut“in die Auseinandersetzungen gehen müssen. Tauber zitiert Alfred Dregger: „Wahlkampf kommt von Kämpfen.“
Doch zunächst einmal werden die 1001 Delegierten den Vorstand der Partei neu wählen. Sowohl die Vorsitzende als auch ihre fünf Vize Ursula von der Leyen, Volker Bouffier, Armin Laschet, Thomas Strobl und Julia Klöckner kandidieren wieder – und das bis jetzt ohne Konkurrenz.
Angela Merkel selbst wurde vor fast 17 Jahren in der Gruga-Halle in Essen zur CDU-Parteivorsitzenden gewählt. Heute ist die 62-Jährige länger an der Spitze als Konrad Adenauer. In Köln wurde sie vor zwei Jahren mit 96, 7 Prozent im Amt bestätigt.
Seitdem ist viel geschehen. Angela Merkel ist nicht mehr unumstritten. In der Flüchtlingsfrage hat ihr Kurs vielen Anhängern missfallen, die AfD konnte daraus Kapital schlagen. Der Bezirksverband Nordwürttemberg hat deshalb den Antrag gestellt, auf dem Parteitag die „vernichtenden Ergebnisse bei allen Landtagswahlen im Jahr 2016 nachhaltig und ergebnisoffen aufzuarbeiten und anschließend die nötigen Kurskorrekturen“vorzunehmen.
Doch die Parteispitze hält die Diskussion für erledigt, die Antragskommission hat empfohlen, den Antrag abzulehnen. Zum einen habe es schon viele Regionalkonferenzen gegeben, zum anderen könne der Parteitag an vielen Stellen das Thema diskutieren, ohne einen eigenen Antrag dazu zu haben, meint Generalsekretär Peter Tauber. Im Mittelpunkt soll stattdessen der Leitantrag der Partei „Orientierung in schwierigen Zeiten“stehen. Hier werden die drei Grundpfeiler Sicherheit, Zusammenhalt und Wohlstand für alle angesprochen.
In Essen soll auch ein neuer Mitgliederbeauftragter der Partei gewählt werden. Die CDU hat derzeit rund 440 000 Mitglieder mit einem Durchschnittsalter von knapp über 60 Jahren.
Eine Koalitionsaussage will die CDU vor der Bundestagswahl im September 2017 nicht treffen. Es ist jedoch bekannt, dass für die Christdemokraten ein schwarz-grünes Bündnis durchaus vorstellbar wäre – während die CSU Schwarz-Grün eine klare Absage erteilt. CSU-Chef Horst Seehofer ist zum CDU-Parteitag nicht eingeladen, nachdem Angela Merkel ihrerseits bei der CSU nicht erwünscht war.
Schwierig könnte es ohnehin Anfang nächsten Jahres werden, wenn die CDU mit der CSU zusammen Ende Januar in München ein gemeinsames Wahlprogramm aufstellen will. Die berühmte Obergrenze für Flüchtlinge spaltet CDU und CSU ebenso wie die Frage von Volksentscheiden. Die CSU ist dafür, auf dem CDU-Parteitag liegt dagegen ein Antrag des Kreisverbandes Ravensburg vor, Volksentscheide im Bund abzulehnen, Das ist auch die Position der Parteispitze.