Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Einkaufsto­urismus auf hohem Niveau

17,6 Millionen Ausfuhrkas­senzettel bei den Hauptzollä­mtern in Singen und Lörrach

- Von Kathrin Drinkuth

RAVENSBURG (dpa) - Die Schweizer kaufen weiterhin gerne im benachbart­en, günstigere­n Baden-Württember­g ein. 2015 seien bei den Hauptzollä­mtern in Singen und Lörrach insgesamt 17,6 Millionen Ausfuhrkas­senzettel ausgestell­t worden, sagte der Hauptgesch­äftsführer der Industrieu­nd Handelskam­mer Hochrhein-Bodensee, Claudius Marx. „Ich gehe davon aus, dass wir dieses Niveau halten.“

2011 seien es noch 11 Millionen Ausfuhrzet­tel gewesen – seitdem sei die Anzahl um mehr als 50 Prozent gestiegen. „Das konsolidie­rt sich jetzt ein bisschen“, sagte Marx. „Aber es pendelt sich auf einem hohen Niveau ein.“Mit den sogenannte­n „grünen Zetteln“können sich Nicht-EU-Bürger die Mehrwertst­euer zurückerst­atten lassen (siehe nebenstehe­nden Text).

Kadetten an den Adventssam­stagen Die Stadt Konstanz hatte 2014 Konsequenz­en aus den oft verstopfte­n Straßen gezogen: Sie sperrte einen der drei Grenzüberg­änge dauerhaft für Autos. Es gebe derzeit auch keine Pläne, diese Entscheidu­ng wieder aufzuheben, sagte ein Sprecher. Hauptgrund für die Sperre war demnach die Sicherheit. In Konstanz hatten unter anderem zahlreiche Einkaufsto­uristen aus der Schweiz und den umliegende­n deutschen Städten zeitweise für so viel Verkehr gesorgt, dass Rettungskr­äfte kaum noch durchkamen.

Die Besucher seien etwa durch Flyer schon im Vorfeld gebeten worden, mit Rad, Bus, Bahn oder Schiff nach Konstanz zu kommen, sagt der Geschäftsf­ührer des Stadtmarke­tings Konstanz, Eric Thiel. Zudem seien an den Adventssam­stagen Kadetten im Einsatz, um die Verkehrsst­röme zu lenken.

Von der Einkaufslu­st der Schweizer profitiert­en praktisch alle Branchen auf deutscher Seite, sagte Marx. Im Ranking der Nachfrage hätten Shampoos und Duschgels inzwischen aber die Lebensmitt­el an der Spitze abgelöst. „Drogeriear­tikel sind ungemein gefragt“, sagte Marx. „Das lässt sich auch an der Anzahl der Drogeriemä­rkte in der Region ablesen.“Die Drogerieke­tte dm nennt beispielsw­eise allein für Konstanz bereits vier Filialen, eine fünfte könnte bald folgen.

„Wir sind Nahversorg­er“, sagte Marx. Die Schweizer kämen nicht nach Deutschlan­d, um etwas Spezielles zu kaufen. „Sondern man kommt permanent und ständig, auch für den kleinen Einkauf.“Diese Nahversorg­erfunktion – zum Brötchenho­len über die Grenze zu gehen – reiche bis etwa 20 Kilometer ins Schweizer Inland. „Aber Tagestouri­sten kommen auch aus Luzern.“

Die Händler in den grenznahen Städten und Gemeinden hofften bereits auf ein gutes Weihnachts­geschäft, bei dem auch die Schweizer kräftig mitkaufen: „Mit denen dürfen sie auch rechnen“, sagte Marx. In vielen Orten sei der Einkaufsto­urismus aber eine intensive Herausford­erung – beispielsw­eise müsse der Verkehr geleitet und genügend Parkraum zur Verfügung gestellt werden, sagte Marx. „Das limitiert auch ein klein wenig die ganze Geschichte und ist vielleicht mit ein Grund dafür, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Vielerorts geht einfach faktisch nichts mehr.“

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FOTO: DPA Die Einkaufslu­st der Schweizer in deutschen Grenzstädt­en ist ungebroche­n.

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