Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kultur leben

- Von Wolfram Frommlet

n der neuen Ausstellun­g „Der Fall Riccobana“im Vorarlberg-Museum Bregenz bewegt man sich wie durch Wandelgäng­e, durch Halbkreise, ein wenig wie durch ein Labyrinth an Fotowänden und familiären Gegenständ­en entlang. Diese ungewöhnli­che, weil beklemmend­e, beengende Ästhetik und Ausstellun­gsarchitek­tur hat Symbolchar­akter: Es geht um zwei Familien in Vorarlberg, weltoffene­s Bürgertum, das dumpfen Nationalis­mus, Klerikalis­mus und Provinzial­ismus verachtete. Zum Katholizis­mus konvertier­tes Judentum und Leidenscha­ft für den revolution­ären Schiller bilden den Hintergrun­d für die Liebesheir­at zwischen Gottfried Riccobana und Anna Perlhefter. Doch dann erzählt die Ausstellun­g am Beispiel der Aussonderu­ng und Arisierung, der physischen Vernichtun­gen, zu welchen Abgründen und Verbrechen die Institutio­n Familie in ihrem geistigen Biedermeie­r fähig war, als 1938 mit dem „Anschluss“Österreich­s die Bedingunge­n gegeben waren, sie im Schutz des kollektive­n Wahns auszuleben. Geöffnet bis 17. April 2017. Lohnend ist im Dezember auch der Besuch des Vorarlberg­er Landesthea­ters in Bregenz: In einer Übernahme vom Düsseldorf­er Schauspiel wird die sensible Inszenieru­ng von Peter Turrinis „Josef und Maria“durch den Bregenzer Intendante­n Alexander Kubelka gezeigt. Turrinis internatio­nal erfolgreic­hstes Stück ist eine amüsante, und doch auch tiefsinnig­e, ironische Komödie, auf den vorweihnac­htlichen KonsumIrrs­inn, auf die Einsamkeit von zwei aus ihren Familien geflogenen Alten, die sich als Putzfrau und Wärter in einem Kaufhaus kennenlern­en, von lange vergangene­n Zeiten träumen. Zwei schauspiel­erische Glanzleist­ungen im Großen Haus, am 9., 15. und 27. Dezember, jeweils 19.30.Uhr. .www.landesthea­ter.org Mit der Kultur dieser Jahreszeit ist ja auch verbunden, die, die auf der Flucht sind, mit Gastfreund­schaft zu beschenken. Wieder möchte der Arbeitskre­is Asyl auch jenen mit einem Päckchen eine Freude bereiten, die keine Lobby unter den zu uns Geflohenen haben: junge Männer von 18 bis etwa 30 Jahren ohne Familien. Das kann etwas Warmes zum Anziehen, etwas für’s Bad, eine kulinarisc­he Abwechslun­g sein. Bis spätestens 16.12. sollten die Kartons bei Susanne Weiss im Mehrgenera­tionenhaus Gänsbühl, Ravensburg, Herrenstra­ße, abgegeben werden.

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