Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Oratorienchor überrascht mit ländlicher Lieblichkeit
Der Liederkranz Ravensburg gestaltet sein Adventskonzert mit dem Trio „Saitencocktail“
RAVENSBURG - Die Zuhörer sind am Samstag in den Bänken der Jodokskirche zusammengerückt, um noch Platz zu finden. Die alpenländische Musik im Zentrum des Konzerts weckte großes Interesse. Neben dem stimmgewaltigen Oratorienchor Liederkranz unter der Leitung von Gregor Simon glänzte das Trio „Saitencocktail“. Allen galt am Ende prasselnder Applaus!
Der volkstümliche, oft tänzerisch anmutende Stil alpenländischer Musik passt gut zur vorweihnachtlichen Krippenfrömmigkeit. Die Stubenmusik wirkte in der Jodokskirche zwar manchmal etwas verloren, machte aber auch bewusst, welchen Beziehungsreichtum die Kunstmusik bis heute entwickelt hat. Am Konzertbeginn stand innige, traditionsbewusste Frömmigkeit. Bei der Adventsmotette „Kündet es den Verzagten“von Otmar Faulstich wechselte der Chor von feinem Piano zu kraftvoll ermutigendem Forte: „Habt Mut, fürchtet euch nicht!“Gregor Simon, der den Chor seit Juli 2015 leitet, dirigierte mit Schwung. An das gemeinsam mit dem Publikum gesungene Adventslied „Gott, heilger Schöpfer“fügte der Chor einen Liedsatz von Johann Stadlmayr (1575-1648), dem derselbe spätantike Hymnus „Conditor alme siderum“zugrunde liegt. Auch das von Jan Ake Hillerud (*1938) bearbeitete, beliebte „Veni, ANZEIGE veni Emmanuel“mit seinen freudigen, vom Chor lustvoll vorgetragenen Rufen nach dem Erlöser, geht auf eine ältere Komposition zurück.
Mit drei Instrumentalstücken des Trios „Saitencocktail“, mit der souveränen Zithervirtuosin Birgit Fuchs aus Bad Waldsee, mit Gisela Hecht und Hans Greißing, betrat das Konzert ländlichen Boden. Die zarten Klänge erforderten ein feineres Hinhören. Virtuos wechselten die drei ihre Instrumente. Die beiden Frauen glänzten mit dem warmen Klang ihrer Blockflöten. In dem nach Weltmusik klingenden, atmosphärischen „Rehobot“von Kathi Stimmer-Salzeder (*1957) spielte Gisela Hecht Akkordeon. Der Chor bestach auch in den kleinen Liedern des alpenländischen Programmteils mit großem Volumen, tragenden Männerstimmen, glockenhellen Sopranen und dämmrig kühlen Altstimmen. Schon die Titel wie „Der güldene Rosenkranz“oder „O Maria, wie gefährlich ist die Reis“verraten, dass die mehrstrophigen Weisen kleine Geschichten erzählen und die Theologie in den privaten Kreis des Erlebens holen. Manchmal wäre man gern näher dran gewesen. Ab und zu zauberten die lieblichen, munteren Klänge ein Lächeln auf die Gesichter oder brachten Schultern zum Schaukeln.
Wie ein Raumschiff Am Schlussteil standen drei Marienlieder, die nun plötzlich wie ein Raumschiff den Himmel zu erobern schienen. Im „Ave Maria“von Anton Bruckner (1824-1896) ging auf, was für eine Fülle von Harmonien und Spannungen hier zusammengefügt sind. Beim „Unser lieben Frauen Traum“von Max Reger (18731916) schwang das Volkstümliche mit, aber jetzt mit kunstvoller Dynamik. Volle Fahrt gewann das Schiff mit dem „Ave maris stella“von Edvard Grieg (1843-1907). Die Frauenstimmen voran, die Männer wie ein Echo folgend, entschwand das Lied ins Sternenall.
Noch ein gemeinsam gesungenes „Tauet Himmel“, dann prasselte der Applaus über die Sänger und Musikanten, bei jeder Verbeugung stärker.