Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Ruhestörung im schlimmsten Maße“
Anwohner der Ailinger Kirche beschwert sich wegen nächtlichem Kirchturmuhrschlag
AILINGEN - Seit Menschengedenken verkündet die Kirchturmuhr von St. Johannes Baptist den Ailingern durch Glockenschlag die Zeit – Tag und Nacht. Ein Anwohner will dies nicht mehr hinnehmen. Im Häfler Bürgerportal „Sagsdoch“fordert er eine nächtliche Unterbrechung des Geläuts.
Für viele Menschen, insbesondere in ländlichen Gebieten, gehört der nächtliche Glockenschlag der Kirchturmuhren zur christlich-abendländischen Tradition. Dieses akustische Signal – das je nach Ort im viertel-, halb- oder stündlichen Takt ausgesendet wird – gebe Orientierung, gar ein beruhigendes Gefühl, argumentieren sie. Anderen wiederum schlägt das blecherne Dingdong aufs Gemüt. Eine schöne oder gar erhaltenswerte Tradition sehen sie darin nicht. Ein Anwohner aus Ailingen schreibt im Häfler Bürgerportal „Sagsdoch“, dass er den Kirchturmuhrschlag als „Stress und Belastung“empfinde, in der Nacht sogar als „Ruhestörung im schlimmsten Maße“.
Nicht mehr zeitgemäß Besonders schlimm und überlaut sei der zweite, tiefere und lautere Stundenschlagkreis. Am Mittag und um Mitternacht, schreibt er, schlage die Turmuhr nicht nur viermal beziehungsweise achtmal mit Doppelschlag zur vollen Stunde, sondern zwölfmal etwas gedämpfter und noch mal zusätzlich zwölfmal überlaut – um Mitternacht also 28-mal. TRAUERANZEIGEN „Heute regelt niemand mehr seine Uhr und seinen Lebensrhythmus nach der Kirche. Den neuen Umständen sollte Rechnung getragen werden“, schreibt der Beschwerdeführer.
Was sagt die Stadtverwaltung – der Empfänger der Beschwerde bei „Sagsdoch“– zu der Beschwerde? „Das Anliegen wurde an die Katholische Kirchengemeinde Ailingen übermittelt. Aktuell befasst sich der Kirchengemeinderat mit diesem Thema“, teilt Friedrichshafens Pressesprecherin Monika Blank mit. „Stadtbeziehungsweise Ortsverwaltung bleiben mit der Kirchengemeinde im Gespräch. Sobald die Beratung, die sicherlich noch etwas Zeit in Anspruch nimmt, beendet ist, wird sich zeigen, wie weiter vorgegangen wird.“
Sabine Wetzel, die Ailinger Gemeindereferentin von St. Johannes Baptist, bestätigt, dass „wir uns sehr intensiv mit dem Thema beschäftigen. Es gab auch schon eine Sitzung des Kirchengemeinderats, eine zweite wird folgen“. Als Termin für diese – allerdings nichtöffentliche – Sitzung ist der 6. Dezember anberaumt.
Eine lange Tradition Die Gemeindereferentin erinnert daran, dass der Kirchturmuhrschlag im Dorf eine lange Tradition hat. Und sie sagt auch: „Der Anwohner hat gewusst, dass er neben eine Kirche zieht. Mit der Unterschrift des Kaufvertrags hat er akzeptiert, dass die Kirchturmuhr nachts schlägt.“
Das sieht der Anwohner anders: „Bei der Wahl meiner Wohnung war mir bewusst, dass ich Glocken höre. Der nächtlichen Störung durch die Turmuhr war ich mir nicht bewusst.“Er fordert als „das Mindeste ein Abstellen zwischen 22 und 7 Uhr“, so wie es bei einigen Kirchen in der Innenstadt gehalten werde.