Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schneidewind erzählt Randgeschichten
Der SWR-Moderator mit seinem Programm „Hits und Storys“im Bahnhof Fischbach
FRIEDRICHSHAFEN - Hardrock geht direkt in den Bauch – ohne den Umweg über den Kopf. Das meinen die einen. Für anderes ist es Satanskult oder Hottentottenmusik. Wie SWR-Moderator Günther Schneidewind deshalb in Teufels Küche kam und überhaupt zu seinem Namen „der große Schneidewind“, hat das wandelnde Rocklexikon am Samstag bei „Hits und Storys“im Bahnhof Fischbach erzählt – gemeinsam mit den Musikern Sascha Bendiks und Simon Höneß.
Lampenfieber vor dem Interview mit lebenden Rocklegenden? Nee. Die Zeit hatte Radiomann Günther Schneidewind manchmal gar nicht dazu, als er mal wieder spontan ein Interview mit einer lebenden Rocklegende übernehmen sollte - diesmal mit dem südafrikanischen Keyboarder Manfred Man. „Ist das nicht ein Stinkstiefel?“, war es Schneidewind damals durch den Kopf geschossen. Doch das Interview entwickelte sich gut. „Das Eis begann zu tauen. Und ANZEIGEN Manfred Man packte aus. Vor allem auf die Frage, warum er nicht mehr so Titel wie ,Fox On The Run spielt’?“„Das wird dir nicht gefallen“, hat Schneidewind noch gut die Worte von Manfred Man im Ohr. „Den Leuten gefallen vor allem die Titel, die sie gehört haben, als sie begonnen haben zu masturbieren. Das sendest du aber nicht.“„Doch, doch. Gesagt ist gesagt“, konterte damals der Radiomoderator. Das Zitat war der Knaller – Aufklärung à la Manfred Man.
Hunderte Interviews, Millionen von Worte, stundenlange Unterhaltung mit viel Geschichten, Tiefgang und Witz. Auch Spontanbesuch Ian Gillan von Deep Purple zeigte sich von seiner besten Seite. Und mal wieder: „Kein Vorgespräch, Spontanität war gefragt Ich kündige den Sänger als Überraschungsgast an und er antwortet trocken: wieso Überraschungsgast? Wir haben uns doch schon auf dem Klo gesehen.“Das Publikum lacht ob solcher Geschichten am Rande der Interviews. Doch das sind gerade die Anekdoten, von denen die zwei Stunden im Bahnhof Fischbach leben. Es folgt „Smoke on the water“– in einer Fischbacher Interpretation. „Fire in the sky“und „Smoke on the water“. Das Lied hat seine ganz eigene Geschichte. „Es war Anfang Dezember 1971 am Genfer See. Über Nacht brennt in Montreux das Spielcasino ab, ausgerechnet dort, wo Deep Purple ihre neue Platte aufnehmen wollen. So liegt Rauch über dem Wasser. Kurzerhand wird das mobile Aufnahmestudio der Rolling Stones geholt. Gesagt, getan.
Ian Gillan: „Tolle Geschichte“Als alles aufgenommen ist, übergibt der britische Rocksänger Ian Gillan dem Manager ein Intro auf Kassette, sozusagen als witziges Präsent und Andenken. Es kommt anders. Das Intro wird weltweit bekannt: „Smoke on the water“ist geboren. Jahre später will Schneidewind bei einem Treffen mit Ian Gillan die Story überprüfen. Ian Gillan: „Ich hab’ jetzt so viele Geschichten gehört, dass ich gar nicht mehr weiß, was wirklich war. Aber deine Geschichte klingt toll, erzähl sie ruhig weiter.“
Nur zu gut erinnert sich Schneidewind an seine erste Panne. Vor lauter Aufregung hatte er vergessen, die Platte aufzulegen. Und das ausgerechnet bei seinem ersten Interview mit David Bowie. „Er hat mir sprichwörtlich den Arsch gerettet. Er gab mir ein Zeichen und redete so lange, bis die Platte auf dem Teller lag.“Schneidewind atmete auf.
Immer wieder spielten die Musiker Sascha Bendiks und Simon Höneß zwischen den Geschichten Perlen der Rockmusik, interpretierten die Stücke neu, rissen mit. Das kam an. „Entspannt Euch, öffnet Eure Herzen. Das ist Musik, die direkt in den Bauch geht, ohne den Umweg über den Kopf“, hatte Sänger Sascha Bendiks noch gesagt. Es folgte Musik, über die sich Experten schon das Maul zerrissen hatten: „Unkultivierte, abgrundtiefe, grauenvolle und blöde Musik, gespielt von maulfaulen, zotteligen Schwachsinnigen“, zitierte Günther Schneidewind die Rockklassiker, die dann direkt in den Bauch gingen: „Hells bells“und „Highway to hell“.