Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ex-Kurbetriebschef nach Vorwurf der Hochstapelei in Haft
Michael N. soll für Bewerbung in Bad Wurzach Lebenslauf gefälscht haben – Landgericht muss entscheiden
BAD WURZACH - Der ehemalige Geschäftsführer des Kurbetriebs Bad Wurzach, Michael N., ist gefasst. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Ravensburg wurde er bereits am 9. Dezember in Overath bei Köln festgenommen. Seither ist er in der JVA Ravensburg in Untersuchungshaft. Gegen ihn wird wegen Titelmissbrauchs und Betrugs ermittelt.
Die polizeilichen Ermittlungen sind nach Auskunft der Ersten Staatsanwältin Christine Weiss abgeschlossen. Derzeit laufe eine Haftbeschwerde, über die das Landgericht Ravensburg entscheiden müsse. Wann die Entscheidung falle, könne sie nicht sagen.
Drei Ärzte erstatteten Anzeige Die Akten seien am 30. Dezember dem Gericht zugegangen. „Trotz aller Bemühungen, alles schnell zu machen, brauchen wir auch Zeit zum Denken“, sagte Staatsanwältin Weiss. Erst wenn die Akten wieder bei der Staatsanwaltschaft seien, könne über weitere Schritte entschieden werden. Nach ihrer Schätzung könnte das Ende Januar oder Anfang Februar sein.
Die Staatsanwaltschaft Ravensburg hatte Anfang September ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Bad Wurzacher Kurgeschäftsführer eingeleitet. Den Fall ins Rollen gebracht hatten drei Ärzte: Professor Eckart Jacobi, bis zum Jahreswechsel Chefarzt am Moorsanatorium und einer der renommiertesten Rheumatologen in Deutschland sowie die Fachärzte Michael Fürst (Orthopädie) und Gudrun Müller (Innere Medizin). Sie erstatteten Anzeige gegen Michael N. wegen Titelmissbrauchs.
N. war zum 1. September 2015 als Geschäftsführer des Bad Wurzacher Kurbetriebs eingestellt worden. Geholt hatte man ihn als als Sanierungsfachmann, tatsächlich aber fiel er selbst im kaufmännischen Bereich eher durch Unsicherheit als durch Fachwissen auf. Er kündigte maßgeblichen Mitarbeitern, andere gingen von selbst. Am 22. August 2016 beschloss der Gemeinderat seine Entlassung. Danach war N., der zuletzt in einer Bad Wurzacher Ferienwohnung gewohnt hatte, nicht mehr auffindbar. Offenbar war nicht einmal die Heimatadresse, die N. in Bad Wurzach angegeben hatte, korrekt.
Jacobi und seine Kollegen hatten nach eigener Aussage mehrere Monate recherchiert. Sie wollten herausfinden, ob Angaben in der Bewerbung von N. stimmen. N. hatte angeführt, in Betriebswirtschaft promoviert zu haben, Diplom-Kaufmann und -Psychologe sowie Mitglied der Ständigen Expertenkommission des Bundesgesundheitsministeriums zu sein.
„Uns war die Diskrepanz zwischen seinem Lebenslauf und dem, was er gemacht hat, aufgefallen“, erläutert Jacobi im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Von Klinikführung und Betriebswirtschaft hat er nichts verstanden. Das war für uns das ausschlaggebende Moment, uns seine Unterlagen einmal genauer anzusehen.“
„Er hat keine Promotion“Seine Doktorarbeit hat N. nach eigenen Angaben an einer Universität in Montpellier geschrieben. „In Montpellier erhielt ich die Auskunft, dass Doktorarbeiten in Frankreich veröffentlichungspflichtig sind. Weder der Titel seiner Arbeit noch N.s Name waren in dem Verzeichnis, das öffentlich zugänglich ist, zu finden“, sagt Jacobi. „Damit war klar, dass er keine Promotion hat.“
Zusammengefasst sind der Chefarzt und seine Kollegen zu dem Schluss gekommen: „Wo wir hinlangen, es stimmt nichts.“Daher stellten sie am 6. Juli 2016 Anzeige.
N. war vor seiner Anstellung in Bad Wurzach nachgewiesenermaßen Geschäftsführer eines Medizinischen Versorgungszentrums in Duisburg und der Eifelhöhen-Klinik in Marmagen. Dass er tatsächlich, wie von ihm angegeben, am Mormon General Hospital in Salt Lake City gearbeitet hat, bezweifelt Jacobi indes.