Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Impfgegner muss 100 000 Euro nicht zahlen
Bundesgerichtshof lehnt Revision von Stuttgarter Urteil zu skurriler Wette ab
LANGENARGEN - Der Mediziner David Bardens ist endgültig mit seinem Versuch gescheitert, 100 000 Euro für den Nachweis der Existenz des Masernvirus zu erhalten. Die Summe hatte der Biologe Stefan Lanka in einer Art Wette ausgelobt. Der Bundesgerichthof hat die Revision des Mediziners gegen ein Urteil vom Februar 2016 nun endgültig abgelehnt.
Das teilte ein Sprecher des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart jüngst der Nachrichtenagentur dpa mit. Ausgangspunkt der Auseinandersetzung und einer Reihe von Prozessen war eine Prämie von 100 000 Euro, die Impfgegner Lanka aus Langenargen am Bodensee demjenigen versprochen hatte, der ihm eine wissenschaftliche Arbeit liefert, mit der die Existenz des Virus belegt wird. Damit brachte Lanka seine Zweifel an wissenschaftlich eigentlich unumstrittenen Fakten zum Ausdruck.
Mediziner David Bardens nahm das Angebot ernst, reichte mehrere Arbeiten ein – und seine Kontonummer. Während das Landgericht Ravensburg den Impfgegner erst zur Zahlung der Wettsumme verpflichtete, kassierte das OLG Stuttgart diese Entscheidung später wieder ein.
Dabei umschifften die Richter die Frage, ob es ein Masernvirus nun gibt oder nicht, komplett. In der Urteilsbegründung verwiesen sie lediglich darauf, dass der Veranstalter einer Wette die Spielregeln festlegen dürfe. Lanka hatte einen Beweis für das Virus gefordert, Bardens aber mehrere wissenschaftliche Texte eingereicht, die den Virus-Beweis gemeinsam liefern sollten. Das entsprach laut OLG nicht den vorab festgelegten Regeln und Bardens unterlag – was jetzt vom BGH bestätigt wurde.
Auch wenn sich die Gerichte nie Lankas Aussage, es gebe kein Masernvirus, zu eigen machten, profitierte der Impfgegner letztlich von den Verfahren. Er gelangte durch die skurrile Wette nicht nur zu einiger Bekanntheit, sondern füllte mit Vorträgen über angebliche Irrtümer der Medizin sogar Vortragsräume. Jetzt präsentiert er sich im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“als wenig überrascht vom BGH-Spruch: „Ich habe mich gewundert, dass Bardens überhaupt versucht hat, das Urteil des Oberlandesgerichts zu kippen“, so Lanka am Freitag. Dem Landgericht Ravensburg, das ihn erst verurteilte, wirft er bis heute sogar vor, mit seinem „Stuhlurteil“Rechtsbeugung betrieben zu haben. David Bardens hingegen schätzt Lanka laut eigener Aussage: „Er ist der einzige Arzt, der seiner Überzeugung nach gehandelt hat.“Dafür habe er seinen Respekt. Bardens habe ihm sogar versprochen, sich gemeinsam Kontrollexperimente zu den vorgelegten Studien anzusehen und diese mit ihm zusammen durchzugehen.
Frei erfunden „Das ist, wie vieles, was Herr Lanka von sich gibt, frei erfunden“, sagt allerdings David Bardens, der derzeit als Arzt in Schweden arbeitet, im Telefongespräch. Die Niederlage vor Gericht habe er mittlerweile verdaut. Er legt aber Wert auf die Feststellung, dass die Gerichte eben nicht über die Existenz oder Nicht-Existenz des Masernvirus geurteilt hätten, sondern dass er allein wegen einer Formsache unterlegen sei.
„Mein Beweis war eindeutig geführt“, sagt Bardens. „Trotzdem wird das Gerichtsurteil in der Impfgegnerszene absurd umgedeutet. Dort wird so getan, als ob es das Masernvirus nicht gibt. Ich werde mich aber selbstverständlich weiter für Masernimpfungen einsetzen und viele Kinder impfen.“Viele Familien hätten ihm bereits gedankt, dass er die „absurden Aussagen“von Lanka nicht einfach unkommentiert stehen lasse.
Nach der Prozessreihe geht Biologe Lanka nun weiter seiner Arbeit als Alternativmediziner nach. Kritiker werfen ihm nach wie vor pseudowissenschaftliche Thesen vor. Außerdem soll er Anhängern von lebenswichtigen Impfungen abraten. Dabei kann zum Beispiel eine fehlende Masernimpfung bei Kleinkindern tödlich enden.
„Das Gerichtsurteil wird in der Impfgegnerszene absurd umgedeutet.“David Bardens, Arzt