Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
SPD-Minister wechseln Ämter
Gabriel folgt Steinmeier ins Außenministerium
BERLIN (dpa) - Es ist ein feierlicher Moment am Freitag: Zwei Minister erhalten ihre Ernennungsurkunden, der beliebteste Politiker Deutschlands wird aus dem Amt verabschiedet. Aber nicht Sigmar Gabriel, Brigitte Zypries oder Frank-Walter Steinmeier stehen am Ende im Mittelpunkt der Veranstaltung im Schloss Bellevue, sondern: Marie. Die vierjährige Tochter des neuen Außenministers Gabriel wickelt vor allem Bundeskanzlerin und CDUChefin Angela Merkel mit ihrem Charme um den Finger und stiehlt den drei SPD-Granden die Show.
Gabriel will Europa stärken Es ist ein nicht ganz überraschender Akzent, mit dem Gabriel in sein neues Amt startet. Der 57-Jährige hatte neben den politischen auch private Gründe für seinen Verzicht auf den SPD-Vorsitz und die Kanzlerkandidatur zugunsten des früheren EUParlamentspräsidenten Martin Schulz angegeben. Jetzt will er zeigen, dass er das ernst meint.
Gabriel will sich in seinem neuen Amt für die europäische Idee und respektvolle Beziehungen zu den USA stark machen. „Das europäische Einigungswerk steht auf dem Spiel“, sagt Gabriel bei seiner Antrittsrede vor Hunderten Diplomaten im Auswärtigen Amt. Wahlkampf wolle er in seiner Funktion als Außenminister nicht machen. Gabriel übernahm den Posten des Chef-Diplomaten von Frank-Walter Steinmeier (SPD), der Bundespräsident werden will. An die Spitze des Wirtschaftsressorts rückt für Gabriel die frühere Bundesjustizministern Brigitte Zypries (SPD) nach.
Gabriel sagt, Europa bleibe das größte Zivilisationsprojekt des 20.Jahrhunderts. In keiner Region der Welt könne man freier, demokratischer und sicherer leben. „Wir werden um dieses Europa kämpfen“, sagt er. Der 57-Jährige wirbt zugleich für eine respektvolle Zusammenarbeit mit den USA – auch unter dem neuen Präsidenten Donald Trump. „Was immer in den USA für Töne zu uns herüberschallen, für uns muss es eine Orientierung bleiben“, sagt Gabriel. „Unsere Hand sollte ausgestreckt bleiben.“Deshalb wolle er auch bald seinen künftigen Amtskollegen Rex Tillerson sprechen. Der bisherige Öl-Manager soll Außenminister von Trump werden.
Gabriel betont auch, er wolle seine Außenpolitik vom bevorstehenden Wahlkampf trennen. „Dass wir jetzt eine Bundestagswahl haben, sollte uns so wenig wie möglich interessieren“, sagt er. Die außenpolitischen Herausforderungen seien dafür zu groß. „Wir sind Zeitzeugen einer Neuvermessung der Welt.“Er wolle sich als oberster Diplomat für eine gerechtere und nachhaltigere Globalisierung einsetzen – denn davon hänge auch die internationale Sicherheit ab.
Steinmeier geht mit Wehmut Mit wehmütigen Worten verabschiedet sich der ausgeschiedene Außenminister Steinmeier von seinen Mitarbeitern. „Ihr seid ein großartiger Laden, ich werde euch vermissen“, sagt er. Steinmeier scheidet aus dem Kabinett aus, weil er am 12. Februar als Kandidat der großen Koalition bei der Bundespräsidentenwahl antritt. Seine Wahl gilt als sicher. Bundespräsident Joachim Gauck würdigte die außenpolitische Leistung seines potenziellen Nachfolgers. „Sprachlosigkeit ist der Tod der Diplomatie – Sie, lieber Herr Bundesminister, haben aus dieser Erkenntnis eine Maxime gemacht“, sagt Gauck.