Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Nicht viel, sondern richtig hilft viel“
„Ravensburger Gespräch“: Minister Manfred Lucha über Leuchttürme seiner Sozialpolitik
RAVENSBURG - Eigentlich hatte Manfred Lucha am Freitagabend im Heilig-Geist-Spital in Ravensburg ein Heimspiel, wie er selbst sagte. Vor rund 50 ehemaligen politischen Weggefährten, Kommunalpolitikern und interessierten Bürgern skizzierte der 55-Jährige auf Einladung des Wirtschaftsforums pro Ravensburg (Wifo) im Rahmen des „Ravensburger Gesprächs“eine Sozialpolitik des gesellschaftlichen Zusammenhalts.
Doch Heimspiele, wie er nach den einleitenden Worten von Wifo-Vorstandssprecher Norbert Martin hinzufügte, seien nicht immer das Einfachste. In seiner Rede gab sich Lucha – wahrscheinlich auch deshalb – betont als Minister für Soziales und Integration des Landes Baden-Württemberg und nicht als ehemaliger Kommunalpolitiker.
Eine moderne Sozialpolitik, so der Minister, müsse den Bürgern die Chance ermöglichen, ihre eigene Situation in die Hand nehmen zu können und zu verändern – ohne sie zu bevormunden. „Wir sind ein Land, in dem das Aufstiegsversprechen gilt“, sagte Lucha. „Das ist nicht ausschließlich mit Geld zu lösen.“Eine dauerhafte Alimentierung führe nicht zur Änderung der persönlichen Lebenssituation, gerade bei Menschen, die in vererbter Armut leben. „Nicht viel hilft viel, sondern richtig hilft viel“, sagte der Minister. Man müsse deshalb jedes einzelne Schicksal individuell betrachten und am persönlichen Bedarf gezielt Geld in die Hand nehmen.
Baden-Württemberg sei eines der wirtschaftlich leistungsfähigsten Länder der Welt. „Wir haben Vollbeschäftigung“, sagte Lucha, „und wenn es uns gelingt, Wirtschaft und Ökologie mit Sozialpolitik zu flankieren, dann können alle davon profitieren.“Wie im Koalitionsvertrag festgehalten, sollen vier Leuchttürme dies verwirklichen. Der neujustierte Zukunftsplan Jugend soll allen Kindern und Jugendlichen gute Zukunftschancen eröffnen, auch den Benachteiligten. Bei der Pflege gehe es ihm insbesondere um das Qualitätsmanagement und darum, die Häuslichkeit zu gewährleisten.
Flüchtlinge werden zu Bürgern Der erste Schritt zur Integration von Flüchtlingen – der dritte Leuchtturm – sei bereits getan. Hier sei Deutschland das Land in Europa gewesen, das seine Verantwortung wahrgenommen habe. Ausdrücklich lobte Lucha Bundeskanzlerin Angela Merkel für ihr Handeln. Ihr „Wir schaffen das!“sei richtig gewesen. Jetzt würden aus Flüchtlingen Bürger. Zurzeit habe man eine extreme Normalisierung, was gerade in Ravensburg das Resultat einer beispiellosen Hilfsbereitschaft der Bürger sei. Baden-Württemberg habe die niedrigste Arbeitslosenquote bei Flüchtlingen. Jeder sechste Mittelständler beschäftige einen Flüchtling. Ziel sei es nun, dass die Neubürger mit den Regelstrukturen klarkommen.
Bei der Gesundheitsversorgung gilt es genau zu analysieren, welches Angebot die Bürger in welchem Krankenhaus annehmen würden, damit die Kannibalisierung aufhöre. Auf die Frage, was dies für die Region bedeute und wie die Krankenhaussituation im Kreis Ravensburg in zehn Jahren aussehen würde, meinte der Minister, man habe die Hausaufgaben gemacht, Kooperationen seien sinnvoll und eine Straffung des Angebots notwendig.