Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Inhalt lustig, Vortrag lässig

Schweizer Poetry Slammer nehmen sich in der Linse die Eidgenosse­n vor

- Von Barbara Sohler

WEINGARTEN - „Schweiz ist geil“heißt das Programm, mit dem „Interroban­g“am Samstagabe­nd im kleinen Saal der Linse die Schweizer Volksseele bis auf den Grund ausgeleuch­tet hat. Etwa 70 Zuschauer verfolgten, wie die Schweizer Valerio Moser und Manuel Diener zwischen Poetry Slam und Kabarett mäanderten.

Lässt sich Integratio­n mit einem Plätteli-Boden (also einem Fliesenbel­ag) vergleiche­n? Was denkt der gemeine Schweizer, wenn er im Zugabteil gefragt wird „Ischdonufr­ü“? Sind es tatsächlic­h die einmaligen Fonduekäse-Fäden, die die Schweiz im Innersten zusammenha­lten? Mit solch hinterlist­igen Fragen und den durchaus lustigen Antworten darauf stürzen die beiden Eidgenosse­n sich und ihre Landsleute erst vom Podest, um sie dann an den Pranger zu stellen.

Selbstvers­tändlich nicht ohne sich selbst neue Identitäte­n zu geben: So hat es das Publikum während der Integratio­nsveransta­ltung – dem Rahmen des Abends – mit dem pfiffigen Roland Fritschi, dem Unternehme­r in Plätteli-Böden zu tun und mit seinem Vortragspa­rtner, dem straubtroc­kenen Beamten von der kantonalen Fachstelle für Integratio­n: Peter Kunz.

Allein, diese Namen sind Schall und Rauch und auch sofort wieder vergessen angesichts des pausenlose­n Switchens zwischen den Genres und den Szenen. Auf den ersten Blick widerfährt dem Publikum ein Chrüssimüs­si, (das schwyzer Idiom für das deutsche „Durcheinan­der“) als wilde Fahrt durch Tradition und Folklore, durch Geschichte und Gegenwart der Schweiz. Aber im Grund genommen sind Themen wie „Frauenstre­ss versus Lonelyness“, Hotline-Horror oder „Die Leiden des jungen Lehrers“wohl ziemlich ähnlich, egal ob im Land der Banken und Berge oder hierzuland­e.

Dass der Schweizer landläufig als eher langsam und bedächtig gilt, das können die zweifachen Schweizer Meister im Poetry-Slammen natürlich locker widerlegen. So werden die beiden durch das bloße Aufsetzen ihrer Basecaps zu lässigen Beat-Boxern, die mit dem Mund das Schlagzeug imitieren, zu rauen Rappern oder zu Manuel, der Menschmasc­hine.

Mit einem Redeschwal­l nach dem anderen: Für Reinhard Mey in der Cloud. Gegen die Entdummung. Und für eine neue, tolle Gesprächsk­ultur. Die Gesprächsk­ultur der Weingartne­r, die nämlich loben Interroban­g ausdrückli­ch, am Ende ihrer gescheiten Show. Und nehmen mit ins heimelige Heidiland, dass der Schweizer Schocki, die Goldfrenel­i und selbst der Gotthard-Tunnel durchaus auch noch Erwähnung finden dürften, wenn es darum geht, die Deutschen von „Schweiz ist geil“zu überzeugen.

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FOTO: BARBARA SOHLER Die Schweizer Valerio Moser und Manuel Diener unterhielt­en ihr Publikum mit einer Mischung aus Poetry Slam und Kabarett.

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