Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Landwirte sollen geschlossener auftreten
300 Landwirte kommen zur Fachtagung für Milchviehhalter nach Amtzell
AMTZELL - Volles Haus bei der Fachtagung für Milchviehhalter in Amtzell. 300 Landwirte wollten in der Turn- und Festhalle hören, welche Möglichkeiten es für sie gibt, die Krise in der Milchviehhaltung zu bewältigen und welche Strategien zu einem besseren Milchpreis führen können. Veranstalter waren neben dem Landwirtschaftsamt Ravensburg die Kreisbauernverbände Allgäu-Oberschwaben und Tettnang sowie Partner aus der beruflichen Erwachsenenbildung.
Man weiß es längst: Die Milchviehhalter müssen bei ihren Einkommen wahre Wechselbäder ertragen. Nicht nur, dass die Preise infolge des globalen Milchmarktes immer unbeständiger werden, auch eine Dürre in Neuseeland oder eine Wirtschaftssanktion gegenüber Russland schlägt sich in hiesigen Erzeugerpreisen nieder.
Risiko durch Preisschwankungen Doch wie können Milchviehhalter auf schwankende Preise reagieren? Welche betrieblichen Ansätze und Anpassungsmöglichkeiten gibt es? Einen Überblick verschaffte zu Beginn der Fachtagung in Amtzell Frank Gräter von der Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft und der Ländlichen Räume in Schwäbisch Gmünd. Nachdem er das Auf und Ab in der weltweiten Milcherzeugung von 2013/2014 bis heute vor Augen geführt hatte, stellte er fest: „Das unternehmerische Risiko steigt durch solche Markt- und Preisschwankungen.“
Finanzielle Reserven bilden Auch bei der Podiumsdiskussion mit Steuerberater Lothar Fonfara, den Bankberatern Martin Heber und Andreas Loritz sowie Frank Wattendorf-Moser vom Beratungsdienst Leutkirch war man mit Frank Gräter einer Meinung, dass finanzielle Reserven gebildet werden müssten und die Finanzierung überprüft gehöre. So sei auch in guten Zeiten der regelmäßige Kontakt mit dem Kreditinstitut zu pflegen. Eine intensive Betriebsanalyse helfe, so der Referent, Schwachstellen aufzudecken, um in Krisenzeiten reagieren zu können.
Vonseiten der Banken war zu hören, dass zwar steuerliche Vorteile genutzt werden sollten, dass vor einer neuen Anschaffung aber zunächst Löcher gestopft werden müssten, um nicht „von einem Loch ins andere zu stolpern“. Obwohl die Herren Heber und Loritz „das Bild nicht verfälschen wollten“, so konnten sie den Landwirten doch das Kompliment aussprechen, „ihre Situation trotz schwieriger Zeiten gut zu meistern“.
Plädoyer für Regionalität Nach der Mittagspause war es dann Ralph Wonnemann, der über die „Zukunftskonzepte aus der Sicht einer regionalen Molkerei“sprach. Der Geschäftsführer der „Omira Ravensburg“stellte die Konzeption seines Unternehmens unter die Überschrift „Es geht darum, nicht austauschbar zu sein“und war sich sicher: „Markenprodukte schaffen Vertrauen, Sicherheit und Mehrwert.“Beispielsweise mit dem Claim „Aus der Region – für die Region“würde die Bewerbung der Produkte noch intensiviert, sagte Wonnemann und fasste zusammen: „Wir als Molkerei profitieren davon ebenso wie die Landwirte, denen wir mehr Geld zahlen können.“
CDU-Europaabgeordneter Norbert Lins brachte ein paar Gedanken aus Brüssel mit. Dazu gehörte der
„Alle Hilfsprogramme waren Markteingriffe!“
Hinweis „Der Export außerhalb Europa hat wieder angezogen“und der Eindruck „Die Milchquote wird nicht mehr zurückkommen“wie die Warnung „Wir müssen aufpassen, dass beim Tierschutz nicht überdreht wird“und die Forderung „Es ist wichtig, die Standards auf europäischer Ebene zu etablieren.“Zusammenfassend sagte Lins: „Die aktuelle europäische Agrarpolitik kann die Milchkrise nicht lösen, aber wir können so gut wie möglich helfen.“
Dann kam Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) zu Wort, der seine Überzeugung voranstellte: „Den freien Markt gibt es nicht, er ist immer die Summe aller Einflussnahme der jeweiligen Marktakteure.“Und er ging mit der Politik hart ins Gericht, indem er feststellte: „Alle Hilfsprogramme waren Markteingriffe!“Und deshalb, so war sich Foldenauer sicher, könne man nicht wie bisher weitermachen, sondern es müsse sich „deutlich etwas verändern“.
Mit „Refinanzierungszeiträumen von Investitionen kürzer als zehn Jahre“, „Entlohnung der Arbeitskraft
Hans Foldenauer vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter
weiter über Mindestlohnniveau“, „Aufbau einer entsprechenden Altersversorgung“und „Vollständige Deckung der Milcherzeugungskosten“redete Foldenauer den „Grundsätzlichkeiten einer nachhaltigen Wirtschaftlichkeit“das Wort und rief die Anwesenden dazu auf: „Beobachten Sie, was politisch gesagt wird.“
Beteiligung am Wettbewerb Optimistischer hörte sich das an, was Hermann Fischer zum Thema „Vermarktungskonzept der MEG AllgäuOberschwaben“zu sagen hatte. Er möchte die Position der Milcherzeuger durch ihre „reale Beteiligung am Wettbewerb“oder durch eine „bedarfsorientierte Mengenregulierung in der Hand der Erzeuger“stärken. Wie er unter anderem „Verträge mit festgelegten Laufzeiten und überschaubaren Kündigungsfristen“sowie zur besseren Planungssicherheit „teilweise vorausgeplante Produktionsmengen“vorschlug.
Waldemar Westermayer hatte schließlich das letzte Wort. Der CDU-Politiker glaubte, dass vor dem Eingreifen der Politik zunächst „privatwirtschaftlich etwas geregelt werden muss“. Um dann dazu zu ermuntern: „Wir Bauern müssen noch sehr viel selbstbewusster und geschlossener auftreten.“