Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Volkstribun
Über Rafael Correa zu sprechen, dessen Nachfolger in der Nacht zu Montag (Ortszeit) gewählt wurde, ist ein heikles Unterfangen. Schnell können Familienfeste wegen hitziger Debatten aus dem Ruder laufen, schnell sind „Links-Rechts“Schablonen zur Hand. Unbestritten ist, dass der Ökonom das Äquator-Land wie kaum ein anderer Präsident verändert hat. Noch nie seit der Unabhängigkeit von Spanien und der Gründung der Republik 1830 hat ein Präsident so lange Ecuador regiert – und es dank der staatlichen Ausbeutung von Ölvorkommen so einer Modernisierung und Armutsbekämpfung unterzogen. Correa selbst wollte bei der Wahl nicht erneut antreten.
2005 bereits kurzzeitig Wirtschaftsminister, schlug der 53-Jährige 2006 bei der Wahl Bananen-Baron Álvaro Noboa. Correa ist ein „Volkstribun“, er versuchte den Einfluss von kritischen privaten Medien zu beschränken und nutzt wie Donald Trump Twitter als seinen bevorzugten Kommunikationskanal – satte 3,02 Millionen Nutzer folgen ihm. Verheiratet mit einer Belgierin, promoviert in den USA, hat er selbstbewusst Akzente gesetzt.
Dies reichte bis zum spektakulären Asyl 2012 für WikileaksGründer Julian Assange in der Botschaft Ecuadors in London. Als aber die Enthüllungsplattform einseitig Hillary Clinton im US-Wahlkampf schadete, ließ er Assange den Internetzugang kappen. Er sieht seinen Kurs als den einzig wahren an, reagiert allergisch auf Kritik. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf stieg seit 2007 jährlich um immerhin 1,5 Prozent, hat das Center for Economic and Policy Research ermittelt. Zuletzt lag es bei rund 6200 Dollar im Jahr. Sozialausgaben wurden fast verdoppelt, die Armutsquote konnte stark reduziert werden. Nach anfangs 80 Prozent sank die Zustimmung für Correa zuletzt auf 50 Prozent. (dpa)