Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Millionenstreit um Mega-Yacht
Größtes Segelschiff der Welt in Gibraltar festgesetzt – Es soll um offene Rechnungen gehen
LONDON/KIEL (dpa) - Der Kaufpreis für die größte Segelyacht der Welt ist ein Geheimnis. Spekuliert wird über 400 Millionen Euro und mehr. Doch der Auftraggeber, der russische Milliardär Andrej Melnitschenko, soll bei der Werft in Kiel nicht alle Forderungen beglichen haben. Wegen einer Klage wurde die „Sailing Yacht A“in Gibraltar an die Kette gelegt. Erst vor zwei Wochen hatte die keilförmige Mega-Yacht mit dem futuristischen Aussehen – entworfen von Stardesigner Philippe Starck – Kiel verlassen.
Die Behörden in Gibraltar bestätigten am Montag die Zwangsmaßnahme. Demnach darf das 143 Meter lange Schiff mit seinen 90 Meter hohen Masten den Hafen des britischen Überseegebiets an der Südspitze Spaniens nicht verlassen. Am Montag war eine Anhörung vor einem Gericht in Gibraltar angesetzt.
Der „Gibraltar Chronicle“hat über Forderungen von insgesamt 15,3 Millionen Euro berichtet. Demnach soll die Schlussrate von 9,8 Millionen Euro seit dem 27. Januar ausstehen. Außerdem soll über weitere 5,5 Millionen Euro für Subunternehmer von Nobiskrug sowie Zinsen und Gebühren schon länger gestritten werden. Auch NDR 1 Welle Nord nannte diese Zahlen und berichtete, ein Anwalt aus Gibraltar mache beim obersten Gericht einen Anspruch wegen Vertragsbruchs geltend.
Eine offizielle Bestätigung der Zahlen gab es nicht. Die Nobiskrug Werft in Rendsburg als Auftragnehmer hüllt sich zwangsläufig in Schweigen. „In einem laufenden Verfahren dürfen wir uns aufgrund vertraglicher Vertraulichkeitsvereinbarungen nicht äußern“, sagte ein Sprecher am Montag. Nobiskrug hatte das Mega-Schiff aus Platzgründen auf dem Gelände der Kieler Werft German Naval Yards bauen lassen.
Hintergrund der aktuellen Vorgänge in Gibraltar seien noch zu klärende Fragen, ließ ein Sprecher des russischen Schiffseigners Andrej Melnitschenko auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur wissen: „Wir sind zuversichtlich, dass der Arrest in den kommenden Tagen beendet wird und diese unglückliche Episode vorbei sein wird.“
Im „Gibraltar Chronicle“wurde ein Sprecher der „Sailing Yacht A“zitiert, die 9,8 Millionen Euro seien Teil aktueller Diskussionen zwischen dem Eigner und der Werft.
Wie aus einem James-Bond-Film Die einzigartige Luxusyacht sollte den Medienberichten zufolge eigentlich nur zu einem Tankstopp nach Gibraltar kommen – unterwegs nach Spanien zu weiteren Arbeiten. Die offizielle Übergabe an den Eigner ist für das späte Frühjahr vorgesehen. Nach fünf Jahren Bauzeit war das gigantische Segelschiff, das deutlich größer ist als zum Beispiel das Mari- ne-Segelschulschiff „Gorch Fock“(Länge: 89 Meter, Masten bis zu 45 Meter), Anfang Februar von Kiel aus in See gestochen. Obwohl vieles an dem Projekt top secret behandelt wird, ist manches über das Boot der Superlative bekannt, das durchaus einem James-Bond-Film zur Ehre gereichen könnte. Die Yacht mit acht Decks bietet drei Pools, eine Panorama-Lounge unterhalb der Wasserlinie und hat neben Beibooten auch ein eigenes U-Boot an Bord. Die 3700 Quadratmeter Segelfläche sind so groß wie ein halber Fußballplatz.
Für Melnitschenko ist die Yacht nicht das erste Schiff. Philippe Starck hatte für den Russen vor Jahren bereits die 119 Meter lange Motoryacht „A“entworfen. Sie entstand ebenfalls in Kiel.
Die Querelen um die Bezahlung der Segeljacht hält der Geschäftsführer des Deutschen Boots- und Schiffbauer-Verbandes, Claus-Ehlert Meyer, für nicht ungewöhnlich. Über die Schlussrate komme es immer wieder zu Streit, sagte er am Montag. Kleinere Werften verlören oft Geld, weil Änderungswünsche während der Bauzeit nicht richtig protokolliert würden. Dies sei aber bei Nobiskrug nicht anzunehmen. „Es werden immer wieder Schiffe an die Kette gelegt, nur es wird längst nicht in jedem Fall öffentlich bekannt.“
Eine Bildergalerie finden Sie unter schwaebische. de/ sailingyachta