Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Chronistin der bleiernen Zeit
Regisseurin Margarethe von Trotta wird 75 Jahre alt
FRANKFURT (epd) - Sie gilt als eine der wichtigsten Vertreterinnen des deutschen Kinos und hat mit Porträts starker Frauen wie „Rosa Luxemburg“(1986) oder „Hannah Arendt“(2013) beeindruckt: Margarethe von Trotta. Am 21. Februar feiert die Regisseurin ihren 75. Geburtstag.
Geboren wurde Margaretha von Trotta in Berlin, mitten im Kriegswinter 1942 als uneheliche Tochter Elisabeth von Trottas und des Malers Alfred Roloff. Schon mit 18 zieht es Margarethe von Trotta nach Paris, sie begeistert sich für das junge französische Kino, wird Schauspielerinund bekommt 1965 einen Sohn.
Sie hat Erfolg als Schauspielerin im Fernsehen und in Filmen von Achternbusch und Fassbinder. Aber Trotta will Regie führen, eigene Drehbücher verfilmen. Unterstützung findet sie bei ihrem zweiten Ehemann Volker Schlöndorff. Sie steht bei ihm nicht nur vor der Kamera, in „Strohfeuer“(1972) und „Der Fangschuss“(1976), sondern schreibt auch am Drehbuch mit. CoRegie führt sie bei „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“(1975).
Goldener Löwe von Venedig „Bei ihm durfte ich an allem beteiligt sein. Von der ersten Idee übers Drehbuchschreiben, die Schauspielerund Motivsuche bis zum Drehen, Schneiden und Mischen – also am ganzen gedanklichen und praktischen Vorgang“, sagt Trotta. Der erste eigene Film entsteht 1977/78, „Das zweite Erwachen der Christa Klages“.
Es ist die Zeit von RAF-Terror und Radikalenerlass. Trotta zeigt Frauen, die kämpfen, auch leiden, sich in komplexen Beziehungen verstricken, wie „Schwestern oder die Balance des Glücks“(1979), „Die bleierne Zeit“(1981) oder „Heller Wahn“(1983). „Die bleierne Zeit“, in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet, erzählt von der angepassten Juliane und der aufmüpfigen Marianne – beide unverkennbar nach dem Vorbild der Schwestern Gudrun und Christiane Ensslin gestaltet. „Rosa Luxemburg“(1986), ist dann das erste einer Reihe historischer Frauenporträts. Die Hauptrolle spielt Barbara Sukowa. Sie ist auch Hauptdarstellerin in „Vision – aus dem Leben der Hildegard von Bingen“und in „Hannah Arendt“(2013).
Eine persönliche Erfahrung gab den Anstoß zu Trottas jüngstem Film „Die abhandene Welt“(2015). Er erzählt von zwei Schwestern, die von der Existenz der jeweils anderen nichts wissen. Dass auch Margarethe von Trotta eine Schwester hat, erfuhr sie erst nach dem Tod ihrer Mutter. „Familiengeschichten sind oft geheimnisvoll – wer fragt schon seine Eltern nach Dingen, die ihnen offensichtlich unangenehm sind.“