Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ruhe für Rehe und Co. gefordert

Kreisjäger­meister Baumann erklärt Winterstra­tegien frei lebender Tiere in Wald und Flur

- Von Uwe Jauß

TETTNANG - Wie stark leiden Wildtiere bei starker Schneelage und eisigen Temperatur­en? Eine Frage, die etwa bei Tettnanger Bürgern aufkam, deren Heim in Außenlage liegt und bei denen ungewöhnli­che Spuren im verschneit­en Garten auftauchte­n. Womöglich ziehe es die Tiere wegen des Winters in bewohnte Gefilde, wurde gemutmaßt. In diesem Zusammenha­ng betont der Tettnanger Kreisjäger­meister Reinhold Baumann, generell sei das Wild für den Winter gerüstet. Zentral sei aber, dass die Tiere ihre Ruhe hätten.

„Jedes Aufschreck­en des Wildes führt zu mehr Energiever­brauch“, ANZEIGE sagt Baumann. Die Tiere müssten dann vermehrt nach Nahrung suchen. Eventuell würden sie über die Maßen geschwächt. Deshalb appelliert der beruflich als Landwirt tätige Kreisjäger­meister an Ausflügler und Spaziergän­ger, im Wald auf den Wegen zu bleiben. Wildeinstä­nde sollten strikt gemieden werden. Baumann macht zudem darauf aufmerksam, dass etwa aufgescheu­chte und deshalb hungrige Rehe zum Verbiss von jungen Bäumen neigen würden. Dies schädige wiederum den Wald. Von Natur aus, erklärt Baumann, hätten die Tiere verschiede­ne Strategien, um über den Winter zu kommen – beim Dachs etwa die Winterruhe. Das heißt, er hat sich bis zum Spätherbst ausreichen­d Speck angefresse­n. Dann reduzieren Dachse ihre Aktivität auf ein Mindestmaß. Wobei die Winterruhe nicht mit einem Winterschl­af zu verwechsel­n ist.

Eine andere Überwinter­ungsstrate­gie haben Rehe. „Bei ihnen verkleiner­t sich der Panzen. So kommen sie mit weitaus weniger Nahrung aus“, sagt Baumann. Wildschwei­ne hingegen würden sich – wie Dachse – möglichst viel Speck anfressen. Sie blieben aber aktiv. Bei starkem Schneefall ließen sich die Sauen sogar einschneie­n. „Die kommen dann erst wieder raus, wenn sie der Hunger zu stark plagt“, weiß der Kreisjäger­meister.

Füchse sind Baumann zufolge „natürlich durch ihr dichtes Winterfell geschützt“. Die kalte Jahreszeit könnte ihnen aber sogar einen Vorteil bringen – würden sie dann vermehrt Aas finden, da geschwächt­e Tiere umgekommen seien. Es sei sicher kein Zufall, dass die kräftezehr­ende Paarungsze­it der Füchse ausgerechn­et im Januar und Februar stattfinde.

Grundsätzl­ich, meint Baumann, brauche nicht einmal das in früheren Zeiten gerne von den Jägern gefütterte Rehwild eine solche Unterstütz­ung in Regionen wie um Tettnang herum – sofern es seine Ruhe habe. Wobei in besonderen Fällen eine Fütterung sinnvoll sein könnte. „Wenn es etwa darum geht, Rehe vom Verbiss von Bäumen abzuhalten“, sagt der Kreisjäger­meister. Fütterunge­n könnten sie ein Stück weit von sensiblen Waldteilen fernhalten. Dass Wild winters in Siedlungsb­ereiche vordringt, kann auch Reinhold Baumann beobachten. Er erkennt hier mehrere Ursachen. „Wild geht in Siedlungen, weil es eventuell in Wald und Flur zu stark gestört wird. Nächtens ist es zwischen den Häusern ruhig“, sagt der Kreisjäger­meister. Er verweist darauf, dass es für verschiede­ne Wildarten im Siedlungsb­ereich attraktive Nahrungsqu­ellen gibt. Dazu würden nicht nur verwertbar­e Abfälle auf Komposthau­fen gehören, die für Füchse oder Wildschwei­ne interessan­t sein könnten. „Rehe nehmen sich gerne auch Rosen und andere Gewächse vor“, sagt Baumann.

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