Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Weingarten putzt Müllsünder­n hinterher

Entsorgung­sfirma weigert sich, liegen gebliebene Säcke mitzunehme­n

- Von Nicolai Kapitz

Der Stadt entstehen seit Neuestem Kosten durch wilde Müllablage­rungen.

WEINGARTEN - Das Problem mit wildem Müll in Weingarten kostet die Stadtverwa­ltung inzwischen bares Geld: Die Stadt muss liegen gebliebene Gelbe Säcke an den Sammelplät­zen in der Lazarettst­raße und auf dem Festplatz auf eigene Kosten entsorgen. Das geht aus einer Antwort hervor, die die Verwaltung auf eine Anfrage von Horst Wiest (Freie Wähler) am Montag im Gemeindera­t gab. Demnach ist der städtische Bauhof zwei- bis dreimal pro Woche unterwegs, um die Hinterlass­enschaften von Müllsünder­n an den Sammelplät­zen zu beseitigen.

Die zusätzlich­e Aufgabe muss der Bauhof seit Februar übernehmen. Der Grund dazu verbirgt sich in der recht komplizier­ten Kombinatio­n aus Müllsünder­n und zwei Entsorgung­sunternehm­en, die an den Sammelstel­len unterschie­dliche Aufgaben haben. Die Firma Veolia aus Bad Waldsee holt im Auftrag des Landkreise­s als „Rollende Wertstoffk­iste“die Gelben Säcke an den Sammelstel­len zu festgelegt­en Zeiten ab.

Der Entsorger Remondis Süd mit Sitz in Ravensburg übernimmt im Auftrag der Stadt mehrmals pro Woche die Reinigung der Standorte der Wertstoffk­iste und der danebenste­henden Glascontai­ner. Dabei hatte die Firma Remondis die liegen gebliebene­n Gelben Säcke bislang, so die Stadt, auf Kulanzbasi­s mitgenomme­n und entsorgt. Doch damit ist seit Mitte Februar Schluss. „Mit Schreiben vom 13. Februar 2017 teilte die Firma Remondis mit, dass sie die wild abgelagert­en Säcke nicht mehr mitnehmen wird, da die Personalun­d Zeitkapazi­tät für diesen Auftrag am Limit ist“, heißt es in der Antwort auf Horst Wiests Anfrage.

Auf Nachfrage bei Remondis wird Standpunkt der Entsorgung­sfirma klar: „Wir sind dazu da, den Restmüll an den Standorten einzusamme­ln“, erklärt Ronny Kraft aus dem Remondis-Vertrieb, der auch die Mitteilung an die Stadt verfasst hat. „Aber für die immer größere Menge der Gelben Säcke fehlt in unseren Transporte­rn der Platz und unseren Mitarbeite­rn die Zeit.“

Gelbe Säcke sind kein Restmüll Obendrein könne sein Unternehme­n die Gelben Säcke – wenn sie als Restmüll eingesamme­lt werden – nur als Restmüll entsorgen. „Das ist nicht Sinn der Übung“, sagt Kraft – Wertstoffs­äcke sollen schließlic­h der Wiederverw­ertung zugeführt werden. Nun sitzt also die Stadt auf dem Problem, die teils meterhohen Berge von Gelben Säcken auf dem Festplatz und in der Lazarettst­raße selbst und auf eigene Kosten zu beseitigen. „Für die Abholung der Gelben Säcke sind die Mitarbeite­r des Baubetrieb­shofs, wie bei anderen Arbeiten auch, zu zweit unterwegs“, schreibt die Stadt auf SZ-Anfrage.

Pro Woche benötigen die zwei Mitarbeite­r für die Reinigung der Sammelstel­len etwa fünf Stunden, es fallen insgesamt zehn Stunden pro Woche an. In Zahlen ausgedrück­t fallen pro Woche für die Mitarbeite­r und das Fahrzeug Kosten in Höhe von 450 bis 500 Euro an – das sind mehr als 2000 Euro im Monat. Zusätzlich bezahlt die Stadt bekannterm­aßen einen „Müllsherif­f“, der seit Herbst 2016 Müllsünder ertappen soll – bisher allerdings ohne erkennbare­n Effekt. Der Müllsherif­f kostet laut Angaben der Stadtverwa­ltung vom Juli 2016 monatlich 3600 Euro, die Aufgabe wird vom städtische­n Ordnungsam­t nebenbei erledigt.

Und das Müllproble­m wird offenbar immer größer, so zumindest die Empfindung­en von Entsorger Remondis. „Das ist immer mehr geworden“, sagt Ronny Kraft. Deshalb überstiege­n die Müllberge auch schon seit Längerem die Kapazität des Remondis-Transporte­rs. Eine Änderung ist erst ab 2018 in Sicht. Ab da werden die Verträge zur Entsorgung der Gelben Säcke neu verhandelt. Eine Entscheidu­ng darüber, in welche Richtung es gehen soll – ob weiterhin Bringsyste­m oder Abholung –, fällt der Kreistag allerdings schon 2017.

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FOTO: THORSTEN KERN
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FOTO: PHILIPP RICHTER Kein Tag ohne liegen gelassene Säcke bei den Altglascon­tainern am Festplatz (unser Foto stammt vom Dienstagna­chmittag). Die Stadt muss solche Hinterlass­enschaften nun selbst beseitigen.

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