Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rot als Ausdruck der Ohnmacht und Wut
Künstlerin Cordula Güdemann zeigt in der Sparkassengalerie Chiffren einer unüberschaubaren Welt
RAVENSBURG – „Malerei – Weiße Tiefe“überschreibt Cordula Güdemann ihre Ausstellung in der Galerie der Kreissparkasse in der Meersburger Straße. Großformatigen Leinwänden stehen Serien kleinerer Formate auf Papier zur Seite. Bei der Vernissage am Montagabend zeigte sich das Publikum beeindruckt und teilweise eingeschüchtert.
Die Wirkung einer gewaltigen, von Rot dominierten, etwa sechs Quadratmeter großen Ölmalerei am Eingang besticht. Man meint jetzt nur noch Rot zu sehen. Bei eingehender Betrachtung zeigt sich jedoch eine breite Farbpalette, mit Blau, Gelb und Grau, vorwitzigem Grün und Türkis.
Riecht es hier nach Farbe? Tatsächlich sind einige große Leinwände noch kaum trocken, im Jahr 2017 entstanden. Die großen Formate laden ein, fordern aber auch heraus. Je kleiner das Format, desto deutlicher strukturiert erscheint die Fläche.
„Ich arbeite gern groß, weil man sich dabei in den Bildraum hineinbegeben muss“, erklärte Cordula Güdemann auf Nachfrage. „Die Übersichtlichkeit ist nicht so gegeben wie bei kleineren Formaten. Das ist beim Arbeiten ein ständiges Hin- und Hergehen.“
Spannung und Risiko Die 1955 geborene Malerin liebt die Spannung, das Risiko und die hohe Konzentration beim Arbeiten. Ein Reiter müsse durch das Bild galoppieren können, aber auch Dickichte finden, zitierte sie einen chinesischen Meister.
Zur Begrüßung stellte Kreissparkassenvorstand Heinz Pumpmeier die Malerin und Zeichnerin vor. Cordula Güdemann studierte an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und der Kunstakademie Düsseldorf. Seit 1995 hat sie eine Professur für Malerei ANZEIGE an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.
Galerist Günter Baumann nannte die Künstlerin, die von asiatischen und afrikanischen Schülern umgeben ist, engagiert und streitbar. Er wies darauf hin, dass sie sich erst in den letzten Jahren zur Abstraktion hin entwickelt hat und erklärte: „Der Welt allein figurativ beizukommen, ist schwer.“
In der splittrig expressiven Farbigkeit erkannte Baumann Gesten von Ohnmacht und Wut. Flüchtlingsströme und rechtsradikale Aufmärsche gingen uns an. „Wie kann man diesen Wahnsinn malen?“, fragte er. Güdemanns Werke zeigen es. Neben denen „ohne Titel“stehen in drei Bildtiteln „Farbige“, steht das Figürliche am Rand des abstrakten Farbraums und neben der konkreten Farbe. In den farbigen Köpfen im Bild „Farbige in Farblandschaft“kann man den Hinweis auf das allgemein Menschliche sehen: Wir alle sind Farbige. Gegenstandsanmutungen wie Flugzeuge tauchen auf und gehen im Farbrausch unter.
Die „Weiße Tiefe“, auf die der Ausstellungstitel anspielt, stellt Sehgewohnheiten auf den Kopf und weist auf einen Rest Unschuld. Das zweiteilige Werk „Blauer Kopf “spielt nicht nur mit der Täuschung, der Trompe-l’oeil-Technik, es macht das abstrakte Bild zum Gegenstand. Und ironisch verweist das großformatige „Nach der langen Nacht im Museum“auf unsere Eventkultur.
Die Ausstellung von Cordula Güdemann „Malerei – Weiße Tiefe“in der Sparkassengalerie, Meersburger Straße 1, ist noch bis 5. Mai zu sehen, Montag bis Freitag von 9 bis 12.15 Uhr, Montag, Dienstag und Freitag von 14 bis 16 Uhr sowie Donnerstag von 14 bis 18 Uhr.