Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mehrjährige Haftstrafen für rechtsextreme Bande
Münchner Gericht verurteilt Führungsriege der „Oldschool Society“– Weitere Ermittlungsverfahren laufen
MÜNCHEN (lby) - Die Pläne wecken Erinnerungen an Taten des NSU und der Gruppe Freital: Mit Sprengstoff plante die „Oldschool Society“rassistische Anschläge auf Flüchtlinge und Moscheen. Am Mittwoch ist die Führungsriege der rechtsextremen Terrorgruppe „Oldschool Society“(OSS) – drei Männer und eine Frau – vom Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts München zu Haftstrafen zwischen drei und fünf Jahren verurteilt worden.
Die Gruppe habe ihre rechtsextreme, rassistische und antisemitische Ideologie mit Terroranschlägen durchsetzen wollen – und dafür auch den Tod von Menschen in Kauf genommen, sagte Richter Reinhold Baier. Zu einer Bluttat kam es bei der OSS nicht – anders als bei der Terrorgruppe NSU. „Das Urteil heute zeigt, dass der Rechtsstaat in der Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus entschlossen und wachsam ist“, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU).
Angeklagte und Verteidiger hatten im Prozess argumentiert, die Gruppe sei nur ein planloser Haufen gewesen. Man habe viel „Unsinn“geredet, erklärten die Angeklagten in ihrem Schlusswort. Mit ungläubigem Lächeln und Kopfschütteln quittierten sie die Urteilsbegründung. Darin hob der Richter die straffe Organisation hervor und erläuterte, wie weit die Pläne für einen Anschlag gediehen waren.
„Auch eine gemeinsame Gewaltbereitschaft und eine ausgeprägte Waffenaffinität verband die OSS“, urteilte Baier. „Immer wieder wurde über Waffen gesprochen und es wurden immer wieder Bilder von Waffen gepostet.“Nach Ansicht des Senats waren der „Präsident“Andreas H. (58) und sein „Vize“Markus W. (41) die Rädelsführer. Sie drängten auf Taten, brachten Sprengstoff ins Gespräch.
Gefährlicher Gruppendruck Denise G. (24) aus Freital gingen die Planungen für Anschläge nicht schnell genug. Mit ihrem Freund Markus W. kaufte sie in Tschechien illegale Sprengkörper. Auch „Pressesprecher“Olaf O. trug laut Gericht zur Radikalisierung bei.
Die Gruppe machte sie stark. In der Gruppe fanden sie Halt. Und in der Gruppe radikalisierten sie sich. Die OSS sei für sie wie eine Familie gewesen, sagte Baier. Auch wenn ein Einzelner eine Tötung nicht wollte, hätte er sich letztlich der Gruppe untergeordnet. Das Gefühl persönlicher Verantwortung sinke – eine gefährliche Dynamik.
Nicht umsonst stelle das Strafgesetzbuch bereits die Bildung krimineller oder terroristischer Vereinigungen unter Strafe, sagte Oberstaatsanwalt Jörn Hauschild. „Man braucht dafür keine Anschläge und Straftaten“, betonte er. „Da entsteht ein Gruppendruck.“
„Es ist ein wichtiges Signalurteil, weil es wenig Anklagen bei Gewalt gegen Flüchtlinge gibt“, erklärt der Rechtsextremismus-Experte Timo Reinfrank von der Amadeu-AntonioStiftung. Laut Bundeskriminalamt gab es allein im vergangenen Jahr 994 Straftaten gegen Asylbewerberheime, in 928 Fällen waren sie rechtsradikal motiviert.
Ein weiterer OSS-Prozess ist nicht ausgeschlossen. Laut Gericht umfasste die OSS zeitweise bis zu 30 Mitglieder. Einige stiegen aus, als sich die Gruppe radikalisierte. Gegen andere laufen noch Ermittlungsverfahren, die laut Hauschild vor dem Abschluss stehen.