Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Richtigmacher muss sich entscheiden
Vor dem Duell gegen Schalke beschäftigt Gladbach vor allem die Frage, ob Max Eberl geht
MÜNCHEN - Allein nur seine letzte größere Entscheidung: Max Eberl sorgte bei Experten, selbsternannten oder nicht, für reichlich hochgezogene Augenbrauen, als er im Dezember Dieter Hecking als Nachfolger des gerade beurlaubten André Schubert bei Borussia Mönchengladbach präsentierte. Hecking, dieser in allen Belangen sachliche Fußballlehrer bei Gladbach, das in den letzten Jahren ja wieder den furiosen Fußball für sich entdeckt hatte? Nun, als Hecking am 16. Spieltag übernahm, befand sich der Club in der Bundesliga auf Rang 16 und war aus der Champions League ausgeschieden. Mittlerweile ist man wieder Tabellenneunter, zwei Punkte beträgt der Rückstand nur noch auf die Plätze, die für die internationalen Wettbewerbe berechtigen. In der Europa League spricht zudem vor dem Achtelfinalrückspiel im deutschen Duell gegen Schalke am Donnerstag (21.05/Sport1 und Sky) nach dem 1:1 im Hinspiel statistisch vieles für den ersten Viertelfinaleinzug einer Gladbacher Mannschaft im Europapokal seit 21 Jahren. Neun der vergangenen zehn Heimspiele gegen Schalke entschieden die Fohlen für sich, nach einem Unentschieden auswärts sind die Gladbacher im Europacup nur in einem von acht Fällen ausgeschieden.
Der Irrtum des Berti Vogts Max Eberl scheint wieder einmal vieles richtig gemacht zu haben. Viel falsch hat er ohnehin nicht gemacht, seit der einstige Außenverteidiger 2008 Sportdirektor wurde am Niederrhein. Längst vorbei die Zeiten, als Berti Vogts lästerte, Eberl sei „ein Ja-Sager und kein Borusse. Er ist wahrscheinlich zufällig mit dem Fahrrad vorbeigefahren“, als die Borussia auf der Suche nach einem Sportdirektor gewesen sei. Vogts hat sich längst entschuldigt, auch ein ExBundestrainer und eine GladbachLegende kann sich mal irren. Nicht erst, seit Eberl seinen nächsten Karriereschritt machen kann – der FC Bayern München lockt seinen einstigen Jugendspieler seit Monaten für die späte Nachfolge des im Sommer Vergangenen Freitag kam im letzten Moment noch eine kleine Blessur bei Juan Bernat in die Quere. Doch in dieser Woche erleben sie beim FC Bayern München ein Gefühl, das sie seit sieben Jahren nicht mehr hatten. Wirklich alle Spieler im Kader sind fit, das war zuletzt beim Spiel gegen Mainz 05 im Januar 2010 der Fall. Trainer Carlo Ancelotti hat also in den entscheidenden Wochen der Saison, sofern nicht etwas dazwischenkommt, die Qual der Wahl. „Es sind alle fit. Das sind gute Nachrichten“, sagte er am Samstag und kündigte in den nächsten Wochen ausgiebige Rotationsmaßnahmen an. Gegen Gladbach wird nur der gesperrte Arturo Vidal fehlen. Kapitän Philipp Lahm wies zwar darauf hin, dass die Spielervöllerei durchaus auch für Probleme sorgen könnte – „für den Trainer ist die Situation nicht so einfach. Er muss die schwierige Entscheidung treffen, wer nicht spielt und wer nicht einmal im Kader ist“, sagte er – andererseits hätte Ancelottis Vorgänger Pep Guardiola solche Luxusprobleme, wie sie jetzt auf Ancelotti zukommen, sicher gerne gehabt. Zur Erinnerung: Dem Katalanen fehlten während seiner drei Jahre in München regelmäßig im Frühling wichtige Spieler, vor allem zurückgetretenen Matthias Sammer – hält Vogts ihn für beinahe existentiell für das Wohlergehen Gladbachs.
Doch nun herrscht ein wenig Aufregung am Niederrhein. Am Sonntag (17.30/Sky) spielen die Bayern in Mönchengladbach. Bis dahin solle Eberl bitteschön erklären, wie er sich seine berufliche Zukunft vorstelle. Von einem solchen Ultimatum der Gladbacher Clubführung berichtete am Mittwoch zumindest die „Bild“. Im „kicker“dementierte Gladbachs Vizepräsident Reiner Bonhof, noch so eine Club-Legende, zwar umgehend: „Es gibt kein Ultimatum oder sonst etwas“, sagte er. Allerdings hatte Bonhof erst vor drei Wochen bei Sky erklärt: „Das Thema nervt alle bei uns, und wir haben keinen Bock mehr, das ewig und drei Tage vor uns herzuschieben.“Und weiter: „Entweder die da aus dem Süden geben Ruhe oder bei uns sagt einer: ,Nein!’“
Doch die Dinge sind kompliziert. Trotz des seit Monaten betriebenen – und von beiden Parteien eher schwach dementierten – Flirts zwischen den Bayern und Eberl, scheint noch keine Seite wirklich in der Lage für eine klare Aussage zu sein. Eberl, dessen Vertrag in Mönchengladbach noch bis 2020 läuft, soll laut „Bild“die volle Unterstützung von Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß fordern, um sich überhaupt ernsthaft mit einem Wechsel in den Süden zu beschäftigen. Es ist rund um die Münchner Säbener Straße kein großes Geheimnis, dass Eberl vor allem der Wunschkandidat von Uli Hoeneß ist, der den einstigen Jugendspieler schon länger fördert. Rummenigge dagegen favorisierte von Anfang an, Noch-Kapitän Philipp Lahm zu befördern, was dieser bekanntermaßen abgelehnt hat.
Der weit größere Stolperstein auf dem Weg zu einer Partnerschaft zwischen Eberl und dem Rekordmeister wäre aber diese von „Bild“zitierte angebliche Forderung Eberls. Demnach wolle er in München auch die Aufgaben von Bayerns Kaderplaner Michael Reschke mitübernehmen, nicht nur ein Grüß-Gott-August sein. Doch Reschke gehört auf diesem Gebiet zweifellos zu den besten der Welt. in Guardiolas zweiter Saison fielen viele vor allem mit Muskelverletzungen aus – was zu Streitereien zwischen dem Trainer und der medizinischen Abteilung, aber auch zu Diskussionen über Guardiolas Trainingssteuerung führte. Unter Ancelotti fehlten bisher alle Bayernspieler insgesamt 428 Tage mit Muskelverletzungen – in Guardiolas kompletter letzter Saison waren es 782 Ausfalltage. (fil)