Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Lesefest mit ernsten Tönen
Leipziger Buchmesse endet mit Besucherplus
LEIPZIG (dpa) - Die Leipziger Buchmesse hat sich auch 2017 als lebendige Veranstaltung gezeigt. Gemessen am Andrang zur viertägigen Schau und dem Festival „Leipzig liest“ist das Interesse am Buch ungebrochen groß: Mit 285 000 Besuchern wurde die Bestmarke aus dem Vorjahr noch einmal um 25 000 übertroffen. 2493 Unternehmen aus 43 Ländern kamen nach Leipzig (Vorjahr: 2250). Doch in die große Messe-Party mischten sich auch nachdenkliche Töne. Denn auch wenn die Buchbranche voriges Jahr ihren Gesamtumsatz nach Jahren des Rückgangs auf knapp 9,2 Milliarden Euro leicht um 0,8 Prozent steigern konnte, gibt es nicht nur Gewinner.
Wandel: Die großen deutschen Buchmessen, Leipzig wie Frankfurt, seien imstande, „jeden Betrachter glauben zu machen, das alte Metier des Bücherschreibens und Büchermachens stehe in allerhöchster Blüte“, sagte der Autor Burkhard Spinnen in Leipzig als Laudator bei der Verleihung des Kurt-Wolff-Preises. „Aber wir alle wissen, dass die Herstellung von literarischen Texten, ihre Verbreitung und der Umgang mit ihnen sich in einem tief greifenden Wandel befinden.“Zwar betont der Börsenverein des Deutschen Buchhandels, dass die Branche die Herausforderungen der Digitalisierung gemeistert habe, aber Attacken auf das Urheberrecht und der Streit um Tantiemen bereiten Sorgen.
Finanzen: Das VG-Wort-Urteil des Bundesgerichtshofes setzt Verlage unter Druck. Für die Jahre 2012 bis 2016 stehen Rückzahlungen an. „Das wird gerade kleine und mittlere Verlage sehr in Bedrängnis bringen. Wir befürchten, dass es etliche sein werden, die diesen Markt verlassen müssen, weil sie das nicht mehr leisten können“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, Alexander Skipis. Bei den unabhängigen Verlagen habe das bereits Konsequenzen, sagt Leif Greinus, Vorstandsmitglied der Kurt-WolffStiftung. Programme seien reduziert worden. Die Stiftung plädiert für eine allgemeine staatliche Verlagsförderung, wie sie Österreich und die Schweiz haben. Mit relativ geringen Summen könne so die Vielfalt gesichert werden, sagt Greinus.
Buchhandel: Mit Sorge blickt der Börsenverein auf die Entwicklung im stationären Buchhandel. Zwar wird noch knapp die Hälfte aller Bücher im klassischen Buchladen verkauft. Aber der Umsatz geht zurück. 2016 stand ein Minus von 1,3 Prozent zu Buche. Das Problem heißt „Frequenzrückgang“– immer weniger Menschen machen sich auf in die Geschäfte, wie Skipis sagt. Der Verband erhebt deswegen Forderungen an die Kommunalpolitik. Sie müsse dafür sorgen, dass die Innenstädte attraktiv und gut erreichbar seien – und vor allem, dass die Mieten für kleinere Geschäfte auch noch bezahlbar blieben.
Junge Generation: Von den Zahlen her sieht alles bestens aus: Mit einem Plus von neun Prozent im Vergleich zum Vorjahr waren Kinderund Jugendbücher ein Wachstumssegment. Das liegt auch an Top-Sellern wie „Harry Potter und das verwunschene Kind“. Die Jury des „Leipziger Lesekompasses“bescheinigte den Verlagen aber auch, dass es selbst bei Neuerscheinungen für die Kleinsten ab zwei Jahren immer bunter, witziger und intelligenter zugeht. Trotzdem treibt viele Büchermacher die Frage um, wie gerade Teenager beim Buch gehalten oder für das Buch gewonnen werden können. Schützenhilfe komme etwa von Poetry Slams und Lesebühnen.
Litauen: Hoch zufrieden gehen die Litauer aus ihrem Auftritt als Schwerpunktland der Leipziger Buchmesse. „Das war für uns ein großer Erfolg“, sagt Ausrine Zilinskiene, Direktorin des Litauischen Kulturinstitutes. Die Besucher am Stand seien sehr interessiert gewesen, mehr über das kleine baltische Land und die Literatur zu erfahren. Einige der 26 Neuerscheinungen waren auf der Messe ausverkauft. 2018 steht Rumänien im Fokus, 2019 folgt Tschechien.