Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Welt zwischen Traum und Albtraum
Mitja Ficko ist der zweite slowenische Künstler in der Kunsthalle Ravensburg
RAVENSBURG - Nachdem in der Kunsthalle Ravensburg im Januar mit Uroš Weinberger die erste Ausstellung eines slowenischen Künstlers von Carin Arnold veranstaltet worden war, wurde am vergangenen Freitag eine Schau von 37 überwiegend großformatigen Ölgemälden von Mitja Ficko unter dem Titel „13te Haltestelle – Das Mirakel und seine Rückkehr ins Bild“eröffnet. Der in Ljubljana und Leipzig arbeitende, 1973 geborene Slowene zieht den Betrachter mit seinen fantastischen und von Pflanzen, Tieren und Mischwesen bevölkerten wandfüllenden Bildern in eine Welt zwischen Traum und Albtraum.
Doch zunächst fallen beim Eintritt in die imposante frühere Werkshalle zwei große, an der Decke aufgehängte Bretterschaukeln auf. Am besten solle man die märchenhaften Inhalte der Gemälde schaukelnd auf sich wirken lassen, meint Carin Arnold im Gespräch. Auch Herbert Köhler schloss sich diesem Gedanken zu Beginn seiner Laudatio an, und beleuchtete die Werke Mitja Fickos in ihrer künstlerischen Herkunft von Symbolismus und Surrealismus her. Ihre Verwandtschaft zur Leipziger Schule zeige sich auch in der Atelier-Nachbarschaft zu Neo Rauch. Danach verlieh Mateja Gorjup in ihrer Stimm-Performance einer ebenfalls symbolischen Klangwelt beeindruckende Gestalt.
Die hier ausgestellten Arbeiten von Mitja Ficko sind zwischen 2009 und 2016 entstanden, alle sind mit Öl auf Leinwand gemalt, an manchen arbeitet er mehrere Jahre. Bis auf einige kleine Formate und Zeichnungen sind fast alle mehr als menschengroß. So könnte man ohne weiteres in sie eintauchen und in dieser sattdunklen oder pastellfarbigen Kunstnatur verschwinden, zumal es darin Tunnel, Stollen, Wasserwelten oder sonnenlichtdurchflutete Flecken gibt, die in fröhlicher Farbfülle strahlen oder in tiefstes magisches Dunkel gehüllt bleiben. Ihre auf Märchen anspielenden poetischen Titel sind ein Verweis auf uralte Allegorien, Metaphern und Symbole. In „Verspätete Rückkehr“fliegen Schwalben aus einem Keller, „Spurensucher“vereint eine ganze Legion von Fliegenpilzen, aus dem „Tunnel“kriecht allerlei Gewürm, „Das hässliche Entlein“schwimmt, schwarz und halb versteckt, in einem Chaos aus Abgestorbenem, ein kleiner weißer Hund kauert in der von Lichtbahnen durchzogenen, wild bewachsenen „Insel“.
Das größte Gemälde „Geschlossener Garten“hat das Format 260 x 404 cm und zeigt eine Unterwasserwelt mit sich wiegenden Pflanzen, um die sich, Perlenketten gleich, weiße Laichschnüre winden. Eine einzige politische Anspielung ist in den beiden Hochformaten „Die kleine Schulle“zu sehen, in denen sich fliegende Fische vor Walsilhouetten in Jagdbomber oder Flugzeuge verwandeln. Geheimnisvoll die „Blaue Nacht“mit einem Haufen von Riesenbovisten kurz vor dem Zerplatzen und blauen kahlen Stämmen.
Zu solchen Bildern kommt man trotz aller Fantasy und Märchenillustrationen nur durch eigene Beobachtung - und so sagt es der nachdenklich sensible Mitja Ficko auch im Gespräch und in seinen kurzen Dankesworten nach der Laudatio. Es sei etwas völlig anderes, wenn man, wie er selbst, auf dem Land aufgewachsen sei und in der echten Natur gespielt habe. Die frühkindlichen Eindrücke hätten seinen Gedanken „eine andere Richtung“gegeben.
Für ihn, der „durch Zufall nach Leipzig“kam, sind diese zuerst empfangenen inneren Bilder ein Quell unerschöpflicher Motive, in denen Tiere, Geschöpfe und auch manche Monstren ihren Platz haben, der Mensch jedoch nicht viel verloren hat: Es ist sein Zwischenreich der Gedanken und Emotionen.
Kunsthalle Ravensburg, GottliebDaimler-Str. 28, geöffnet bis zum 30. April, Do bis Fr 15-18 Uhr, Sa bis So 14-17 Uhr, www.kunsthalleravensburg. info.