Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bürger stoppen Bahnunterf­ührung in Altshausen

Gegner haben einen knappen Vorsprung von 67 Stimmen – Enttäuschu­ng bei der CDU-Fraktion

- Von Barbara Baur

ALTSHAUSEN - Die Eisenbahnu­nterführun­g an der Bismarckst­raße in Altshausen wird nicht gebaut. Das haben die Altshauser in einem Bürgerents­cheid am Sonntag entschiede­n. Die Abstimmung fiel knapp aus: Von den 1415 gültigen Stimmen wurde 741 Mal „Nein“angekreuzt, 674 Mal „Ja“. Somit konnten die Gegner des Projekts sich mit 67 Stimmen mehr durchsetze­n. Die Wahlbeteil­igung lag bei 43,8 Prozent. Ungültig waren drei Stimmen.

Bürgermeis­ter Patrick Bauser, kraft Amtes Vorsitzend­er des Wahlaussch­usses, zeigte sich „sehr enttäuscht“. „Ich kann es nicht verstehen“, sagte er. Denn es sei jetzt schon viel Geld für die Planungen ausgegeben worden. „Dass das jetzt völlig umsonst ist, scheint vielen nicht klar zu sein“, sagte er. Dennoch werde er dass Ergebnis akzeptiere­n. „Das ist Demokratie. Wir werden das Ergebnis des Bürgerents­cheids selbstvers­tändlich umsetzen“, sagte Bauser. Die Entscheidu­ng sei sehr knapp ausgefalle­n, deshalb hoffe er, dass nun alle die Mehrheitse­ntscheidun­g akzeptiere­n. „Ich hoffe, dass es keine Gräben in den Ort reißt“, sagte er.

Frank Binder, Sprecher der CDUFraktio­n im Gemeindera­t, war vom Ergebnis des Bürgerents­cheids überrascht. Die Fraktion hatte bei jeder Abstimmung zum Thema Bahnüberga­ng geschlosse­n für den Bau der Unterführu­ng gestimmt. Weil die CDU die Mehrheit im Gemeindera­t hält, wurde das umstritten­e Projekt stets vorangetri­eben. „Bis zum Schluss war ich der Meinung, dass wir gewinnen können“, sagte er. Die Enttäuschu­ng sei jetzt sehr groß. Mit Blick auf die Ankündigun­g der Bahn, den Übergang komplett zu schließen, sollte sich die Gemeinde gegen den Bau der Unterführu­ng entscheide­n, sagte er: „Dann darf sich niemand beschweren.“

Signal der Bürger Karl Arndt, einer der Initiatore­n des Bürgerbege­hrens, zeigte sich erfreut über den Ausgang der Abstimmung. „Ich hätte nicht damit gerechnet“, sagte er. Auch von der Wahlbeteil­igung sei er beeindruck­t. „Ich bin doppelt überrascht“, sagte er. „Aus der Bevölkerun­g ist signalisie­rt worden, dass nicht alles, was die Gewählten beschließe­n, auch bei ihnen ankommt“, sagte er.

Der Bau der Unterführu­ng war eigentlich schon lange beschlosse­ne Sache. Nach einem tödlichen Unfall im Jahr 2008 hatte der Gemeindera­t einen Grundsatzb­eschluss gefasst, den Bahnüberga­ng sicherer zu machen. Bald lief die Lösung auf den Bau einer Unterführu­ng hinaus. Obwohl verschiede­ne kleinere Veränderun­gen am Bahnüberga­ng vorgenomme­n worden waren, kam es 2013 wieder zu einem tödlichen Unfall. Andere Lösungen, etwa den Bau von Schranken, lehnt die Bahn aus Kostengrün­den ab. Auch eine Röhre für Fußgänger kommt nicht infrage, weil sie gleich teuer wie die Unterführu­ng ausfallen würde.

Die Bürgerinit­iative gegen den Bau der Unterführu­ng schloss sich im Herbst 2016 zusammen. Die Gegner kritisiere­n vor allem den Anstieg der Kosten, die mit 1,3 Millionen Euro inzwischen von ersten Schätzunge­n deutlich entfernt sind. Anderersei­ts befürchten sie eine Verlagerun­g der innerörtli­chen Verkehrsst­röme, sollte die Unterführu­ng gebaut werden. Sie schlagen stattdesse­n die Sperrung des Bahnüberga­ngs für den Kraftverke­hr vor, Fußgänger und Radfahrer sollten weiterhin passieren können.

Die Kosten belaufen sich aktuellen Berechnung­en zufolge insgesamt auf 1,3 Millionen Euro. Die Kosten werden zwischen Gemeinde, Bahn und Bund gedrittelt. Der Eigenantei­l der Gemeinde Altshausen liegt bei 333 300 Euro. Zusätzlich fallen 43 400 Euro an Planungsko­sten an. Auch wenn die Unterführu­ng nun doch nicht gebaut wird, kommen auf die Gemeinde Kosten in Höhe von knapp 115 000 Euro zu, die sie für bisherige Planungen trotzdem ausgeben muss.

Die Bahn hat angekündig­t, den Übergang an der Bismarckst­raße komplett zu schließen, sollte die Unterführu­ng nicht gebaut werden. Sie beruft sich auf ein Gesetz, wonach Bahnübergä­nge geschlosse­n werden können, sollte sich in einem Umkreis von 600 Metern ein weiterer Übergang befinden. In diesem Fall würde die Bahn ein Verfahren zur Schließung des Bahnüberga­ngs einleiten.

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FOTO: BARBARA BAUR Die Wahlhelfer bei der Auszählung der Stimmen.

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