Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bürger stoppen Bahnunterführung in Altshausen
Gegner haben einen knappen Vorsprung von 67 Stimmen – Enttäuschung bei der CDU-Fraktion
ALTSHAUSEN - Die Eisenbahnunterführung an der Bismarckstraße in Altshausen wird nicht gebaut. Das haben die Altshauser in einem Bürgerentscheid am Sonntag entschieden. Die Abstimmung fiel knapp aus: Von den 1415 gültigen Stimmen wurde 741 Mal „Nein“angekreuzt, 674 Mal „Ja“. Somit konnten die Gegner des Projekts sich mit 67 Stimmen mehr durchsetzen. Die Wahlbeteiligung lag bei 43,8 Prozent. Ungültig waren drei Stimmen.
Bürgermeister Patrick Bauser, kraft Amtes Vorsitzender des Wahlausschusses, zeigte sich „sehr enttäuscht“. „Ich kann es nicht verstehen“, sagte er. Denn es sei jetzt schon viel Geld für die Planungen ausgegeben worden. „Dass das jetzt völlig umsonst ist, scheint vielen nicht klar zu sein“, sagte er. Dennoch werde er dass Ergebnis akzeptieren. „Das ist Demokratie. Wir werden das Ergebnis des Bürgerentscheids selbstverständlich umsetzen“, sagte Bauser. Die Entscheidung sei sehr knapp ausgefallen, deshalb hoffe er, dass nun alle die Mehrheitsentscheidung akzeptieren. „Ich hoffe, dass es keine Gräben in den Ort reißt“, sagte er.
Frank Binder, Sprecher der CDUFraktion im Gemeinderat, war vom Ergebnis des Bürgerentscheids überrascht. Die Fraktion hatte bei jeder Abstimmung zum Thema Bahnübergang geschlossen für den Bau der Unterführung gestimmt. Weil die CDU die Mehrheit im Gemeinderat hält, wurde das umstrittene Projekt stets vorangetrieben. „Bis zum Schluss war ich der Meinung, dass wir gewinnen können“, sagte er. Die Enttäuschung sei jetzt sehr groß. Mit Blick auf die Ankündigung der Bahn, den Übergang komplett zu schließen, sollte sich die Gemeinde gegen den Bau der Unterführung entscheiden, sagte er: „Dann darf sich niemand beschweren.“
Signal der Bürger Karl Arndt, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens, zeigte sich erfreut über den Ausgang der Abstimmung. „Ich hätte nicht damit gerechnet“, sagte er. Auch von der Wahlbeteiligung sei er beeindruckt. „Ich bin doppelt überrascht“, sagte er. „Aus der Bevölkerung ist signalisiert worden, dass nicht alles, was die Gewählten beschließen, auch bei ihnen ankommt“, sagte er.
Der Bau der Unterführung war eigentlich schon lange beschlossene Sache. Nach einem tödlichen Unfall im Jahr 2008 hatte der Gemeinderat einen Grundsatzbeschluss gefasst, den Bahnübergang sicherer zu machen. Bald lief die Lösung auf den Bau einer Unterführung hinaus. Obwohl verschiedene kleinere Veränderungen am Bahnübergang vorgenommen worden waren, kam es 2013 wieder zu einem tödlichen Unfall. Andere Lösungen, etwa den Bau von Schranken, lehnt die Bahn aus Kostengründen ab. Auch eine Röhre für Fußgänger kommt nicht infrage, weil sie gleich teuer wie die Unterführung ausfallen würde.
Die Bürgerinitiative gegen den Bau der Unterführung schloss sich im Herbst 2016 zusammen. Die Gegner kritisieren vor allem den Anstieg der Kosten, die mit 1,3 Millionen Euro inzwischen von ersten Schätzungen deutlich entfernt sind. Andererseits befürchten sie eine Verlagerung der innerörtlichen Verkehrsströme, sollte die Unterführung gebaut werden. Sie schlagen stattdessen die Sperrung des Bahnübergangs für den Kraftverkehr vor, Fußgänger und Radfahrer sollten weiterhin passieren können.
Die Kosten belaufen sich aktuellen Berechnungen zufolge insgesamt auf 1,3 Millionen Euro. Die Kosten werden zwischen Gemeinde, Bahn und Bund gedrittelt. Der Eigenanteil der Gemeinde Altshausen liegt bei 333 300 Euro. Zusätzlich fallen 43 400 Euro an Planungskosten an. Auch wenn die Unterführung nun doch nicht gebaut wird, kommen auf die Gemeinde Kosten in Höhe von knapp 115 000 Euro zu, die sie für bisherige Planungen trotzdem ausgeben muss.
Die Bahn hat angekündigt, den Übergang an der Bismarckstraße komplett zu schließen, sollte die Unterführung nicht gebaut werden. Sie beruft sich auf ein Gesetz, wonach Bahnübergänge geschlossen werden können, sollte sich in einem Umkreis von 600 Metern ein weiterer Übergang befinden. In diesem Fall würde die Bahn ein Verfahren zur Schließung des Bahnübergangs einleiten.