Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Integration an Weißenauer Grundschule
Seit zwei Jahren gibt es Vorbereitungsklassen für Flüchtlinge an der Grundschule Weißenau
RAVENSBURG - Betritt man das Klassenzimmer von Christiane Tolkmitt in der Grundschule Weißenau, sitzen elf Grundschüler an ihren Tischen und blicken gebannt nach vorne. Die Klassenlehrerin ist gerade dabei, eine Reihe von Bildkärtchen an die Tafel zu kleben, anhand derer die Schüler einen Satz bilden sollen – eine Herausforderung, denn die meisten von ihnen lernen erst seit wenigen Monaten Deutsch.
Christiane Tolkmitt leitet die Vorbereitungsklasse (VKL) der Grundschule Weißenau. Diese Klasse bietet Kindern im Grundschulalter, die als Flüchtlinge oder Migranten mit wenigen oder keinen Deutschkenntnissen nach Ravensburg kommen, neben dem Unterricht in den gängigen Schulfächern eine intensive Sprachförderung. Rektor Wolfram Miller weiß, dass „Integration kein Schnellgang und stark sprachabhängig ist“. Es daure seine Zeit, bis diese Schüler zu Kindergeburtstagen eingeladen werden. „Aber das Miteinander kommt“, ist Miller überzeugt. Und ergänzt: „Kindern, die schnell Deutsch lernen, gelingt der Kontakt besser.“Von den knapp 200 Schülern der Grundschule besuchen derzeit 19 die Vorbereitungsklasse. Dort werden sie auf den Wechsel in die Regelklasse vorbereitet.
Sanfter Übergang Beispielsweise können Schüler mit Talent für Rechenaufgaben bereits nach wenigen Wochen die Vorbereitungsklasse verlassen und am Mathematikunterricht in den regulären Klassen teilnehmen. Dem jeweiligen Lernfortschritt angepasst, findet auf diese Weise nach und nach der Übergang in den Regelunterricht statt. Am Ende der Grundschulzeit ist dadurch ein Wechsel auf eine weiterführende Schule ohne Probleme möglich – bekommen die Schüler der Vorbereitungsklasse doch ebenso wie Schüler, die den regulären Unterricht besuchen, ein Zeugnis.
Seit 2015 gibt es das Konzept der Vorbereitungsklassen in Weißenau. Der zehnjährige Ahmahd aus Syrien geht in die 3. Klasse und ist fast seit Anfang an mit dabei. „Lernen macht Spaß. Englisch ist am schwierigsten. Mathematik ist mein Lieblingsfach“, erzählt er und grinst. Von Italienern, Kroaten, Rumänen über Türken bis zu Syrern und Afghanen sind unterschiedlichste Nationalitäten in den Klassen vertreten. „Aber die Mischung ist gut“, sagt Wolfram Miller. „Denn so dient Deutsch als gemeinsame Sprache unter den Schülern, der Lernerfolg ist dadurch größer.“Etwa die Hälfte der VKL-Schüler sind mittlerweile in den meisten Fächern in den Regelunterricht integriert worden. Erfolgreiche Sprachförderung sei auch stark von der Unterstützung der Eltern abhängig.
Elterliche Unterstützung wichtig „Wenn die Eltern die Zukunft der Familie in Deutschland sehen, ist es für sie wahnsinnig wichtig, dass die Kinder, und sie selbst natürlich auch, Deutsch lernen“, so der Rektor. Miller erzählt von ersten Elterngesprächen der Vorbereitungsklasse, die schon auf Deutsch geführt worden sind. Der umgekehrte Fall existiere aber ebenso: „Wollen die Eltern so schnell wie möglich in die Heimat zurückkehren, wird das Deutschlernen leider oft viel zu wenig von zu Hause aus unterstützt.“Trotz der Erfolge in den letzten zwei Jahren war die Umsetzung des VKL-Konzepts nicht einfach, erzählt Miller. „Jede Schule findet die passende Umsetzung für sich. Es ist auch Versuch und Irrtum mit dabei.“Dabei freut er sich über die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Ravensburg und die Unterstützung des Landratsamts. Auch würden viele Eltern das Konzept ehrenamtlich unterstützen, bei Betreuungen helfen und außerschulische Aktivitäten zum Kennenlernen für die Schüler anbieten.
Durch die Vorbereitungsklassen sei es an der Grundschule Weißenau anders geworden, aber auf eine gute Weise. „Dieses Integrationskonzept ist mit viel Arbeit verbunden und hat uns vor schwierige Aufgaben gestellt“, so Miller. „Trotz alledem ist es eine Bereicherung.“