Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Völkerverständigung geht auch auf Schwäbisch
Im neuen Stück der Theatergruppe Schmalegg mischen Gäste aus Polen ein verschlafenes Dorf gehörig auf
RAVENSBURG - Während in der Schmalegger Ringgenburghalle sportliche Damen zu lauter Musik beim Jazztanz schwitzen, wird auf der Bühne hinter geschlossenem Vorhang eifrig an der Dekoration gewerkelt. Die örtliche Theatergruppe bereitet sich auf die Premiere ihres neuen Stücks vor. Es trägt den Titel „Polnische Wirtschaft oder gute Lügen leben länger.“
Bernd Gombold hat diesen Schwank in drei Akten geschrieben. Wie immer haben die Akteure in wochenlanger Arbeit ein stimmungsvolles Bühnenbild gebaut. Zu sehen ist eine Wohnstube, in der sich allerlei Ersatzteile für eine Autowerkstatt stapeln. Es sieht recht heimeligchaotisch aus. Der Fenstersims muss gekürzt und angeschraubt werden, und die Treppe zum fiktiven Obergeschoss erhält gerade einen Teppichbelag. Doch die frisch tapezierten Wände wollen noch nicht so recht in dieses Ambiente passen. Abhilfe schafft Rolf Buchele. Im Stück spielt er den polnischen Schwarzarbeiter Kasimir. Jetzt reibt er seine ölverschmierten Hände neben Fenster, Türen und Treppenaufgang an der Wandtapete ab. Brigitte Pfaff und Melanie Wachter wischen mit feuchten Tüchern nach und geben so dem Wandschmuck die nötige Patina.
In der Halle ist es still geworden. Eine Entspannungsübung kündigt das Ende des Sportabends an. Das ist das Signal, sich innerlich für die Probe zu sammeln und kritische Textstellen in Erinnerung zu rufen. Gleich schwingt der Vorhang zur Seite, und das Ballfangnetz vor der Bühne fährt nach oben. „Heute fangen wir mit dem zweiten Akt an“, entscheidet Regisseur Armin Brotz. Jens Mayfahrt und Raphaela Weishaupt nehmen als von Gram gebeugte Eheleute Manfred und Monika Müller am Esstisch Platz, um vom Bankdirektor Dr. Peter Profitlich – gespielt von Armin Brotz – und Bürgermeisterin Sabine KleinschmittGroßhans (Melanie Wachter) zu erfahren, dass es mit der dringend nötigen Werkstatt-Erweiterung nichts wird, weil die Bank den Geldhahn zugedreht hat und die Gemeinde den Müllers kein Grundstück verkauft.
Abhilfe verspricht der Mieter Matthias Müller (Andreas Schumacher) mit seiner neuesten Erfindung, einem Staubsauger, den er zum Haartrockner erweitert und dafür ein Patent angemeldet hat. Doch die Vermieterin findet diese Idee nicht besonders prickelnd. Ein Prickeln ganz anderer Art verursacht ein Bürostuhl, dem der Erfinder eine Sitzkühlung verpasst hat, um unliebsame Besucher zu verscheuchen. Ein solcher ist nämlich der gewissenhafte Staatsdiener Heinrich Haargenau (Gerhard Uhlmann), der hartnäckig nach dem polnischen Schwarzarbeiter fahndet. Ihn kann die Hausherrin mit einer haarsträubenden Lügengeschichte abwimmeln. Und als Frau Müller den Bankdirektor davon überzeugt, dass das Patentamt den Staubsauger als Energie-Rückgewinnungs-Anlage für Autoabgase anerkannt hat, nimmt die ganze Geschichte eine ungeahnte Wendung: Kasimir mutiert zum Vorstandsvorsitzenden eines polnischen Autokonzerns, der das Wundergerät bereits gekauft hat und verspricht, eine neue Produktionsstätte in Schmalegg zu errichten.
Alles wäre nun gut, tauchten nicht plötzlich Brigitte Pfaff und Lena Kölle in Gestalt von Kasimirs alten Tanten Stanislava und Olga auf. Bevor sie das ganze Lügengebäude zum Einsturz bringen, locken sie den gewissenhaften Staatsdiener Heinrich Haargenau vom Pfad der Tugend ab und sorgen dafür, dass ihr in Liebesdingen etwas spröder Neffe Kasimir das Sehnen der heiratswilligen Postbotin Paula (Katja Hensel) endlich stillt. Aber auch die Müllers sind unverhofft von allen ihren Nöten erlöst. Nur der Bankdirektor und die Bürgermeisterin stehen am Ende ziemlich belämmert da.
Zwei Wochen vor der Premiere feilen der Regisseur und seine Truppe noch an einzelnen Szenen, richten sich immer mal wieder flehende Blicke zur Souffleuse Agnes Lehner. Die Nervosität steigt. Aber das kennt man ja: Irgendwie hat die Schmalegger Laienspielschar immer eine Punktlandung hinbekommen. Warum sollte es 2017 anders sein? Die Theatergruppe Schmalegg spielt am 31. März ab 14 Uhr (Kinderund Seniorenvorstellung) und 20 Uhr, am 1., 7. und 8. April jeweils ab 20 Uhr, am 9. April ab 19 Uhr und am 15. April ab 20 Uhr. Karten im Vorverkauf bei der Ortsverwaltung und bei Nadelstichs Kreativscheune in Ringgenweiler, Telefon (07504) 971 864.