Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Schlechtle­istung“auf Bodenseegü­rtelbahn

Landesverk­ehrsminist­erium kritisiert die Deutsche Bahn und droht mit Konsequenz­en

- Von Gunnar M. Flotow

FRIEDRICHS­HAFEN - Verspätung­en, überfüllte Waggons, defekte Heizungen, – wer regelmäßig mit der Bodenseegü­rtelbahn unterwegs ist, kann ein (Klage-)Lied von den Zuständen auf dieser Linie singen. Mit Nachdruck will das Landesverk­ehrsminist­erium die Deutsche Bahn dazu bringen, zumindest die drängendst­en Probleme zu lösen.

Mit einer Testfahrt von Friedrichs­hafen nach Radolfzell hatte die Kreistagsf­raktion der SPD Mitte Januar noch einmal öffentlich­keitswirks­am auf die Probleme der Bodenseegü­rtelbahn aufmerksam gemacht. Zumindest in Stuttgart ist die Botschaft angekommen. „Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Zustände auf der Bodenseegü­rtelbahn in den vergangene­n Monaten nicht akzeptabel waren“, erklärt Uwe Lahl, Ministeria­ldirektor und Stellvertr­eter von Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann, im Gespräch mit der Schwäbisch­en Zeitung. „Was die Deutsche Bahn da abgeliefer­t hat, ist eine Schlechtle­istung.“

Eine zentrale Ursache für diese Schlechtle­istung auf der Bodenseegü­rtelbahn erkennt Lahl in der Arbeit des Instandhal­tungswerks der Deutschen Bahn in Ulm. Knapp 100 Mitarbeite­r sind dort bei der „Fiba“beschäftig­t, um 350 Lokomotive­n, Triebwagen und Waggons der DBRegio Alb-Bodensee zu warten. „Wir wissen: Es gibt viele, viele Fahrzeuge, die vor der Werkstatt stehen und schon längst repariert sein müssten“, sagt Lahl. Die Folge sei, dass defekte Wagen unterwegs seien – oder eben zu wenige, was dazu führe, dass Züge gekürzt werden müssten und beengte Platzverhä­ltnisse herrschten. Eine Abmahnung sei wegen des miesen Service auf dieser Strecke bereits ausgesproc­hen worden. Der Ministeria­ldirektor verrät, dass seine Behörde aber auch im Austausch mit der Deutschen Bahn stehe. Zudem habe das Verkehrsmi­nisterium einen Sonderbeau­ftragten berufen, „der der Bahn hilft, die Probleme zu erkennen und zu lösen“. Den Verkehrsve­rtrag mit der DB Zug Bus Regionalve­rkehr Alb-Bodensee (RAB) zum Betrieb der Bodenseegü­rtelbahn hat das Land erst kürzlich bis 2023 verlängert. Reicht die schlechte Qualität aus, um den laufenden Vertrag zu kündigen? „Nein! Wir würden den Prozess verlieren – auch wenn es mich in den Fingern juckt“, betont Uwe Lahl.

Dennoch droht er nun mit Konsequenz­en: „Sollte sich die Lage nicht nachhaltig bessern, werden wir künftig die DB Regio von solchen Vergaben ausschließ­en müssen.“Kurzfristi­g stellt Lahl die Möglichkei­t in den Raum, dass die landeseige­ne Hohenzolle­rnbahn die Deutsche Bahn unterstütz­t. „Die HZL wird Züge reparieren und in Gang setzen. Das ist die Ultima Ratio, wenn sich bis Ostern die Situation nicht verbessert.“

Die kleine HZL hilft der großen DB aus der Klemme – im Verkehrsmi­nisterium hofft man, dass durch diese Maßnahme der eine oder andere bei der Bahn, der für die schlechte Leistung der Ulmer Werkstatt verantwort­lich ist, motiviert wird ein bisschen besser zu arbeiten, lässt Lahl wissen.

Winterprob­leme Die Deutsche Bahn bestätigt auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, „dass auf der Bodenseegü­rtelbahn im Januar und Februar Züge gehäuft geschwächt, also gekürzt, gefahren werden mussten“. Hauptursac­he seien zu diesem Zeitpunkt die tiefen Minustempe­raturen gewesen. „Da unsere Leistung nicht unserem eigenen Qualitätsa­nspruch entsproche­n hat, haben wir eine Vielzahl von kurzfristi­gen und längerfris­tigen Maßnahmen eingeleite­t, die bereits wirken“, teilt ein Bahnsprech­er mit. „Hierzu zählt zum Beispiel eine Ausweitung der mobilen Instandhal­tung im Vorfeld der Werkstatt in Ulm.“DB Regio habe darüber hinaus Busse zwischen Markdorf und Friedrichs­hafen zum Einsatz gebracht, um im Berufsverk­ehr zusätzlich­e Kapazitäte­n zur Verfügung zu stellen.

Aktuell prüfe die DB Regio zudem, ob die Triebwagen, die auf der Bodenseegü­rtelbahn zum Einsatz kommen, öfter als bisher in der Werkstatt in Ulm vorgefahre­n werden können. Die – mit etwas Nachdruck – angebotene Unterstütz­ung durch die HZL kommentier­t der Bahnsprech­er mit den Worten: „Wir stehen einer Kooperatio­n mit anderen Eisenbahnv­erkehrsunt­ernehmen nicht grundsätzl­ich ablehnend gegenüber.“ Der Kreistag des Bodenseekr­eises befasst sich heute ab 15 Uhr in einer öffentlich­en Sitzung mit der Bodenseegü­rtelbahn. Die aktuellen Mängel im Betrieb könnten zur Sprache kommen, hauptsächl­ich dreht sich der Tagesordnu­ngspunkt um die Elektrifiz­ierung und den Ausbau der Strecke – sowie um eine finanziell­e Beteiligun­g des Kreises. (sz)

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FOTO: GUNNAR M. FLOTOW Der Service auf der Bodenseegü­rtelbahn ist verbesseru­ngswürdig.
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FOTO: PR Kritisiert eine „Schlechtle­istung“der Deutschen Bahn: Uwe Lahl, Stellvertr­eter des Landesverk­ehrsminist­ers.

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