Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Fall Akbari zieht weiter Kreise
Quorum der Online-Petition gegen die Abschiebung des jungen Afghanen erreicht – Kreisräte sollen sich äußern
WEINGARTEN - Das Quorum ist erreicht. Bei der Online-Petition gegen die Abschiebung des jungen Afghanen Fawad Akbari, der in Weingarten eine Ausbildung zum Fahrzeuglackierer macht, haben mehr als die erforderlichen 2500 Unterstützer aus dem Landkreis Ravensburg unterschrieben. Daher ist der Fall nun den Kreistagsmitgliedern vorgelegt worden, die vom Anbieter der OnlinePlattform (open Petition) gebeten werden, sich zum Thema zu äußern. Doch damit nicht genug. Auch ist der Fall Akbari längst zum beliebten Wahlkampfthema der Bundestagskandidaten aus der Region geworden. „Eigentlich ist es nichts, womit man Politik macht, aber das ist eben deren Beruf“, sagt Akbaris Chef Ahmet Yardimci, der sich für dessen Verbleib einsetzt.
So hat SPD-Kreisvorsitzende Heike Engelhardt, die für die Bundestagswahlen im September kandidiert, einen Brief an den baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) geschrieben und ihn aufgefordert, sich persönlich für Akbari einzusetzen. „Ich wende mich nicht an Schmidtchen, sondern an Schmidt“, sagt sie in Anspielung auf Axel Müller von der CDU, der ebenfall in den Bundestag einziehen will, sich persönlich mit Akbari getroffen hatte und den zuständigen Regierungspräsidenten aus Tübingen auf den Fall angesprochen hatte.
Für Engelhardt ist aber der Ministerpräsident der richtige Ansprechpartner. Allerdings fehle von ihm bislang jede Bereitschaft. „Ich vermisse ein klares politisches Signal“, sagte die SPDlerin. Kretschmann habe persönlich bisher nicht reagiert. Einzig ein „Standardantwortschreiben aus dem Staatsministerium“sei bei ihr eingegangen. Darin hieße es, dass bei Abschiebungen nach Afghanistan grundsätzlich Einzelfallentscheidungen getroffen und die vorherrschende Lage geprüft würden. Abschiebungen seien „keine politische Entscheidung, sondern eine bundesgesetzlich geregelte Rechtsfrage“, soll Kretschmanns Mitarbeiter geschrieben haben.
Dessen sind sich Engelhardt, Müller und auch der langjährige Bundestagsabgeordnete Rudolf Bindig (SPD), der ebenfalls seine Unterstützung für den jungen Afghanen zugesagt hatte, durchaus bewusst. Daher sind sich auch alle einige, dass nun erst einmal der Einspruch gegen den Abschiebebescheid abgewartet werden müsse. Sollte das Regierungspräsidium Karlsruhe, das sich in Baden-Württemberg zentral um solche Fälle kümmert, den Einspruch ablehnen, wollen sich alle Politiker zumindest für die Duldung Akbaris einsetzen.
Das begrüßt auch Weingartens Oberbürgermeister Markus Ewald. Auch er selbst hat die Online-Petition unterschrieben. Außerdem hat er den städtischen Flüchtlingsbeauftragten Klaus-Peter Storme beauftragt, ähnliche Fälle in Weingarten ausfindig zu machen, damit auch die Flüchtlinge, die nicht einen so engagierten Arbeitgeber haben, die gleiche Unterstützung erhalten.
Denn auch das zeigt der Fall Akbari: Durch die Initiative der Autolackiererei Yardimci und die Berichterstattung der „Schwäbischen Zeitung“konnte das Quorum erreicht werden. Nach dem ersten Artikel vom 31. März schnellte die Zahl der Unterstützer aus dem Landkreis von knapp 300 binnen weniger Tage auf 2100 hoch. Nachdem die zweite Geschichte am 12. April veröffentlicht wurde, konnten die fehlenden 400 Stimmen bis zum 16. April geschafft werden.
Mittlerweile gibt es auf der Petitionsseite ein Parlaments-Icon (rechte Spalte) zu sehen. Mit einem Klick darauf wird ersichtlich, welche Politiker angeschrieben wurden und wer darauf wie reagiert. Mit den Stellungnahmen soll der erste Kontakt zu den Politikern hergestellt und eine Tendenz abgefragt werden, wie diese zu dem Anliegen stehen. Die Petition ebenso wie die Stellungnahmen sind über den folgenden Kurzlink einsehbar: openpetition.de/!welcomefawad