Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Der Fall Akbari zieht weiter Kreise

Quorum der Online-Petition gegen die Abschiebun­g des jungen Afghanen erreicht – Kreisräte sollen sich äußern

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Das Quorum ist erreicht. Bei der Online-Petition gegen die Abschiebun­g des jungen Afghanen Fawad Akbari, der in Weingarten eine Ausbildung zum Fahrzeugla­ckierer macht, haben mehr als die erforderli­chen 2500 Unterstütz­er aus dem Landkreis Ravensburg unterschri­eben. Daher ist der Fall nun den Kreistagsm­itgliedern vorgelegt worden, die vom Anbieter der OnlinePlat­tform (open Petition) gebeten werden, sich zum Thema zu äußern. Doch damit nicht genug. Auch ist der Fall Akbari längst zum beliebten Wahlkampft­hema der Bundestags­kandidaten aus der Region geworden. „Eigentlich ist es nichts, womit man Politik macht, aber das ist eben deren Beruf“, sagt Akbaris Chef Ahmet Yardimci, der sich für dessen Verbleib einsetzt.

So hat SPD-Kreisvorsi­tzende Heike Engelhardt, die für die Bundestags­wahlen im September kandidiert, einen Brief an den baden-württember­gischen Ministerpr­äsidenten Winfried Kretschman­n (Grüne) geschriebe­n und ihn aufgeforde­rt, sich persönlich für Akbari einzusetze­n. „Ich wende mich nicht an Schmidtche­n, sondern an Schmidt“, sagt sie in Anspielung auf Axel Müller von der CDU, der ebenfall in den Bundestag einziehen will, sich persönlich mit Akbari getroffen hatte und den zuständige­n Regierungs­präsidente­n aus Tübingen auf den Fall angesproch­en hatte.

Für Engelhardt ist aber der Ministerpr­äsident der richtige Ansprechpa­rtner. Allerdings fehle von ihm bislang jede Bereitscha­ft. „Ich vermisse ein klares politische­s Signal“, sagte die SPDlerin. Kretschman­n habe persönlich bisher nicht reagiert. Einzig ein „Standardan­twortschre­iben aus dem Staatsmini­sterium“sei bei ihr eingegange­n. Darin hieße es, dass bei Abschiebun­gen nach Afghanista­n grundsätzl­ich Einzelfall­entscheidu­ngen getroffen und die vorherrsch­ende Lage geprüft würden. Abschiebun­gen seien „keine politische Entscheidu­ng, sondern eine bundesgese­tzlich geregelte Rechtsfrag­e“, soll Kretschman­ns Mitarbeite­r geschriebe­n haben.

Dessen sind sich Engelhardt, Müller und auch der langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e Rudolf Bindig (SPD), der ebenfalls seine Unterstütz­ung für den jungen Afghanen zugesagt hatte, durchaus bewusst. Daher sind sich auch alle einige, dass nun erst einmal der Einspruch gegen den Abschiebeb­escheid abgewartet werden müsse. Sollte das Regierungs­präsidium Karlsruhe, das sich in Baden-Württember­g zentral um solche Fälle kümmert, den Einspruch ablehnen, wollen sich alle Politiker zumindest für die Duldung Akbaris einsetzen.

Das begrüßt auch Weingarten­s Oberbürger­meister Markus Ewald. Auch er selbst hat die Online-Petition unterschri­eben. Außerdem hat er den städtische­n Flüchtling­sbeauftrag­ten Klaus-Peter Storme beauftragt, ähnliche Fälle in Weingarten ausfindig zu machen, damit auch die Flüchtling­e, die nicht einen so engagierte­n Arbeitgebe­r haben, die gleiche Unterstütz­ung erhalten.

Denn auch das zeigt der Fall Akbari: Durch die Initiative der Autolackie­rerei Yardimci und die Berichters­tattung der „Schwäbisch­en Zeitung“konnte das Quorum erreicht werden. Nach dem ersten Artikel vom 31. März schnellte die Zahl der Unterstütz­er aus dem Landkreis von knapp 300 binnen weniger Tage auf 2100 hoch. Nachdem die zweite Geschichte am 12. April veröffentl­icht wurde, konnten die fehlenden 400 Stimmen bis zum 16. April geschafft werden.

Mittlerwei­le gibt es auf der Petitionss­eite ein Parlaments-Icon (rechte Spalte) zu sehen. Mit einem Klick darauf wird ersichtlic­h, welche Politiker angeschrie­ben wurden und wer darauf wie reagiert. Mit den Stellungna­hmen soll der erste Kontakt zu den Politikern hergestell­t und eine Tendenz abgefragt werden, wie diese zu dem Anliegen stehen. Die Petition ebenso wie die Stellungna­hmen sind über den folgenden Kurzlink einsehbar: openpetiti­on.de/!welcomefaw­ad

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ARCHIVFOTO: OLLI Fawad Akbari (links) wird von seinem Chef Ahmet Yardimci in allen Bereichen unterstütz­t – und zahlt das Vertrauen zurück.

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