Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Dringender Handlungsb­edarf

- Von Oliver Linsenmaie­r

Der Fall Akbari offenbart den dringenden Handlungsb­edarf in der Asylgesetz­gebung. Einen bestens integriert­en, arbeitswil­ligen jungen Mann zurück in sein Heimatland abzuschieb­en, wo ihm nach eigener Aussage Tod und Verfolgung drohen, entbehrt jedweder Logik. Als Hauptargum­ent beruft sich das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) auf die Feststellu­ng, dass Afghanista­n ein sicheres Herkunftsl­and sei.

Das kann nicht nur bezweifelt werden, auch gibt es rechtliche Vorgaben, die eine Abschiebun­g Akbaris verbieten. Durch den Paragrafen 60a des deutschen Aufenthalt­sgesetzes ist geregelt, dass eine Ausbildung vor Abschiebun­g schützt. Daher wäre eine Abschiebun­g Akbaris nicht gerechtfer­tigt.

Dass es überhaupt so weit kommt, liegt an der Starrheit der Gesetzgebu­ng. Im ersten Schritt des Asylverfah­rens durch das Bamf, das in Akbaris Fall letztlich den vorläufige­n Abschiebeb­escheid nach sich zog, wird der Faktor Integratio­n völlig außen vor gelassen. Der Behörde geht es nur darum, herauszufi­nden, ob dem Asylsuchen­den in der Heimat Gefahr droht oder nicht. Das ist nicht mehr zeitgemäß. Der Fall Akbari steht für eine Vielzahl an Flüchtling­en, die sich längst in Deutschlan­d integriert haben oder auf dem besten Wege dorthin sind, und dennoch abgeschobe­n werden sollen.

Das ist unmenschli­ch und kann nicht im Interesse von Politik, Gesellscha­ft und nicht zuletzt der Wirtschaft sein. Die Bundesrepu­blik kann es sich beim anhaltende­n Fachkräfte­mangel nicht leisten, solch lernwillig­e und fleißige Arbeitskrä­fte zu verlieren. In diesem Zusammenha­ng kommt die anstehende Bundestags­wahl gerade recht. Zwar sollten sich Politiker eigentlich auch ohne das Werben um Wählerstim­men für die Schwachen einsetzen. Doch wenn es der Sache dient, müssen auch jene Mittel billig sein, um die Aufmerksam­keit auf eben diese Missstände zu lenken.

o.linsenmaie­r@schwaebisc­he.de

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