Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vortrag in Bücherei

Gewaltfrei­heit und Toleranz nicht aus dem Blick zu verlieren

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GRÜNKRAUT - „Wenn man das Fremde betont, werden die Identifika­tionswege länger“sagt Roger Willemsen in seinem Buch „Afghanisch­e Reise“. Das Fremde, das ist in unserem Verständni­s der Islamische Staat mit seinen unverständ­lich mörderisch­en Gewalttate­n. Das Fremde, das sind in unserem Weltbild Menschen, die ihre Religion dazu benutzen, anderen Menschen Gewalt anzutun. Fremd ist in vielen unserer Publikatio­nen inzwischen eine Religion, die doch eigentlich der gleichen Tradition entstammt wie unsere eigenen christlich­en Überliefer­ungen.

Und da gibt es in der Bücherei in Grünkraut einen Vortrag über Abdul Ghaffar Khan, über einen muslimisch­en Weggefährt­en Gandhis, der sich vor über 100 Jahren die Gewaltfrei­heit auf die Fahne geschriebe­n und diese aus den Schriften seiner Religion, aus dem Koran begründet hat. Eine Persönlich­keit, die Papst Franziskus in seiner Botschaft zur Feier des Weltfriede­nstages am 1. Januar 2017 gleichbere­chtigt neben Mutter Teresa und Martin Luther King, neben Mahatma Gandhi und Leymah Gbowee, die Friedensno­belpreistr­ägerin aus Liberia, gestellt und namentlich genannt hat.

Der Referent Dr. Yahya Wardak will das öffentlich­e Bild vom Islam und über die Muslime in Deutschlan­d zurechtrüc­ken. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Fremdheit in Vertrauthe­it, Unverständ­nis in Einfühlung, Distanz in Entgegenko­mmen zu verwandeln. Afghanista­n, so sagt er, ist zwar nie kolonialis­iert worden, seine Geschichte aber ist die eines kaum je unterbroch­enen Kampfes um Unabhängig­keit. Gerade deshalb ist es ihm so wichtig, einem Muslimen Stimme und Gehör zu verschaffe­n, der auf vielen Bildern neben dem hinduistis­chen Gandhi zu sehen und im deutschspr­achigen Raum doch so unbekannt geblieben ist. „Meine Religion ist Wahrheit, Liebe und Dienst für Gott und die Menschheit… Alle, die dem Wohlergehe­n ihrer Mitmensche­n gegenüber gleichgült­ig sind…, kennen die Bedeutung von Religion überhaupt nicht.“

Das sagt Abdul Ghaffar Khan in seiner Autobiogra­phie. Geboren wurde er um 1890, der Vater war Führer eines paschtunis­chen Afghanenst­ammes und er hatte sich wie Mahatma Gandhi dem gewaltfrei­en Unabhängig­keitskampf gegen die britischen Kolonialhe­rren verschrieb­en.

Dabei war er davon überzeugt, dass nur „lebendige Beziehunge­n zwischen aktiven, gewaltfrei denkenden und handelnden Menschen“eine Gewaltherr­schaft zum Einsturz bringen können. Deshalb nimmt es Dr. Wardak, der nach fast 20-jährigem Aufenthalt in Deutschlan­d mittlerwei­le zwischen beiden Ländern hin und her pendelt, auf sich, ohne Honorar auch in kleinem Kreise diesen beeindruck­enden Menschen vorzustell­en und auch aktuell aus Afghanista­n zu berichten.

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