Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
So erkennt man an der Börse die richtigen Aktien
An welchen Werten erkennen Anlageprofis Papiere guter Unternehmen und worauf Aktienneulinge achten sollten
RAVENSBURG (sz) - Deutsche Unternehmen schütten voraussichtlich 31,7 Milliarden Euro an Dividenden in 2017 aus. Aber nur wenig davon wird bei heimischen Anlegern landen, denn rund 70 Prozent gehen ins Ausland. „Die Beteiligung an der Wirtschaft in Form von Sachwerten wie Aktien stellen einen unverzichtbaren Bestandteil der Vermögensanlage dar“, rät Karl-Heinz Geiger, Geschäftsführer der SVA Vermögensverwaltung GmbH mit Niederlassung in Ravensburg. Und das nicht nur in Zeiten, in denen es auf Sparbüchern und bei Festgeldern kaum mehr Zinsen gibt. Doch woran lassen sich die richtigen Unternehmen erkennen?
Bei der Auswahl vertrauen Finanzexperten auf Kennzahlen. „Das Kurs-Gewinn-Verhältnis ist ein Basiswert, der fast jedem Aktienanleger vertraut ist“, sagt Ingo Schweitzer, Vorstand der AnCeKa Vermögensbetreuungs AG aus Kaufbeuren. Grundsätzlich gilt ein möglichst niedriges KGV als positives Signal, das heißt, dass im Verhältnis zum Kurs der prognostizierte Gewinn hoch ist. „Die meisten wissen, dass man diese Zahl nicht absolut sehen sollte, sondern mit anderen vergleichen und in einen Gesamtzusammenhang setzen muss“, sagt der Börsenfachmann. Denn gerade bei wachstumsstarken Unternehmen, die langfristig besonders attraktiv sein können, ist ein hohes KGV normal.
Anlegerthema des Monats
Aktienkennzahlen
Genau hinsehen In Zeiten niedriger Zinsen klingen Dividendenrenditen mancher DaxAktien von über vier Prozent verlockend. Tatsächlich beruht ein beträchtlicher Teil des langfristigen Anlageerfolgs in den meisten Privatanlegerdepots auf Ausschüttungen. Deswegen sind solche Papiere prinzipiell eine gute Wahl. Allerdings heißt es hier ebenfalls genau hinsehen. Denn die Kennzahl Dividendenrendite steigt zum Beispiel, wenn der Kurs abstürzt oder Unternehmen ideenlos Gewinne ausschütten, statt in ihre Zukunft zu investieren. Für eine Geldanlage über einen längeren Zeitraum ist es wichtig, dass ein Konzern gesund aufgestellt ist, damit er sich in Zukunft weiterhin hohe Dividenden leisten kann. Fehlen die Erträge, kann es selbst bei bekannten deutschen Unternehmen plötzlich von einem Jahr aufs andere zu Ausschüttungskürzungen oder einem Totalausfall kommen, wie etwa bei der Commerzbank oder dem Energieversorger RWE.
Profis nutzen neben KGV und Dividendenrendite eine Reihe weiterer Kennzahlen. Zum Beispiel kann das Kurs-Buchwert-Verhältnis Aktien identifizieren, bei denen die Substanz wertvoller ist als das komplette Unternehmen an der Börse. Eine gute Cashflow-Entwicklung gilt als Maßzahl für die Finanzstärke und die Eigenkapitalrendite als Hinweis auf besonders ertragsstarke Unternehmen. Aber alle haben eines gemeinsam: Einzeln betrachtet können sie ein falsches Bild vermitteln.
Kennzahlen richtig zu lesen und einzuordnen, erfordert Zeit und Erfahrung. „Oft ist es wichtig, die Historie
Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) beschreibt die Relation des Börsenwerts zum Ertrag. Je niedriger es ist, desto günstiger sind im Prinzip die Aktien eines Unternehmens. Allerdings nutzen etwa aussichtsreiche Wachstumswerte Erträge auch für Expansion oder Forschung, ihr KGV ist aus guten Gründen hoch.
Aus dem Verhältnis der Ausschüttungen zum aktuellen Aktienkurs wird die Dividendenrendite berechnet. Grundsätzlich gilt je höher desto besser, aber sie darf und die Gegebenheiten der Branche zu kennen, um sie richtig zu bewerten“, sagt Karl-Heinz Geiger, „gerade bei sehr niedrigen oder hohen Werten sehen wir besonders genau hin.“Die Profis ziehen zusätzlich qualitative Merkmale in Betracht, wie etwa die Erfolgsaussichten in der Branche oder die Qualität nicht mit festen Zinsen verwechselt werden. Gerade bei Traumrenditen ist Skepsis angesagt, denn rechnerisch steigt sie automatisch, wenn der Kurs abstürzt und Ausschüttungsprognosen können schnell Makulatur sein.
Ob Aktien eines Unternehmens gerade günstig sind, das lässt sich mit dem Kurs-Buchwert-Verhältnis beantworten. Im Prinzip sagt ein Wert unter eins aus, dass das Vermögen in Form von Immobilien, Maschinen, Barreserven etc. abzüglich der Verbindlichkeiten größer ist der Unternehmensführung, und können so umfassend beraten. „Das kostet zwar erst Geld, aber gerade bei langfristig angelegten Sparvorhaben bleibt so unter dem Strich oft deutlich mehr stehen“, sagt Ingo Schweitzer. Vermögensverwalter achten zudem auf eine vernünftige Streuung der Anlagen und Begrenzung als der derzeitige Börsenwert. Allerdings bildet der Wert keine Zukunftsperspektiven ab.
Den Cashflow oder zu Deutsch die entnahmefähigen Zahlungsmittelüberschüsse von Unternehmen, nutzen Experten als wenig manipulierbaren Maßstab für die Finanzstärke. Grundsätzlich gilt: Wenn der Cashflow über die letzten Jahre steigt, ist mehr freies Geld in der Kasse, um Dividenden zu zahlen oder in die Zukunft zu investieren.
Die Eigenkapitalrendite drückt aus, welchen Ertrag das im Unternehmen der Einzelpositionen, das reduziert das immer vorhandene Risiko bei einer Geldanlage an der Börse.
Alle Teile unserer Serie „Anlegerthema des Monats“lesen Sie unter www.schwaebische.de/ anlegerthema investierte Geld bringt. Ein hoher Wert ist ein grundsätzlich positives Signal. Trotzdem genau hinsehen, denn die Kennzahl kann etwa durch die Aufnahme von Schulden erhöht werden, was bei steigenden Zinsen zu Problemen führen kann.
Wichtige Kennzahlen mit Historie von fünf bis zehn Jahren bieten im Internet zum Beispiel: www.onvista.de www.goyax.de www.boersennews.de (sz)