Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Nach 16 Jahren und einem Tag
Sebastian Vettel beschert Ferrari den so ersehnten Sieg in Monaco – dabei hatte lange Zeit Kimi Räikkönen dominiert
MONACO (SID/dpa) - Nach dem Doppelsieg für Ferrari wurde Sebastian Vettel zum Alleinunterhalter in Rot. Er tanzte auf dem Podest von Monaco, sang die deutsche Nationalhymne und schwang zur italienischen die Finger im Takt – nach genau 16 Jahren und einem Tag hatte er der Scuderia endlich wieder einen Triumph im Fürstentum beschert. Und – nebenbei – seinen WM-Rivalen Lewis Hamilton im Mercedes deutlich distanziert.
„Das ist ein ganz großer Tag für Ferrari, es ist so lange her, dem Team bedeutet es unheimlich viel“, sagte Vettel. 2001 hatte Michael Schumacher zuletzt für die Italiener in Monaco gewonnen. „Auch für mich ist das ganz speziell“, ergänzte Vettel aufgekratzt. Ferrari-Boss Sergio Marchionne dankte dem Team in einer Erklärung voller Pathos: „Etwas, worauf wir sehr lange gewartet haben, ist endlich eingetreten. Dieser Doppelsieg in Monaco ist ein wichtiges Kapitel unserer Geschichte.“
Hamilton nur auf Rang sieben All diese Feierlichkeiten ertrug der andere Hauptdarsteller dieses Ferrari-Doppelsieges mit versteinerter Miene – Kimi Räikkönen freute sich nicht über seinen zweiten Platz, er spülte seinen Frust mit großen Schlucken aus der riesigen Champagnerflasche herunter. Von der Pole Position aus hatte er selbst auf Siegkurs gelegen, doch die Taktik des Ferrari-Kommandostandes schleuste Vettel auf Rang eins. „Gut fühlt sich das nicht an, aber so ist es eben. Es gibt für alles, was wir hier tun, Gründe“, sagte Räikkönen im Gespräch mit dem zurückgetretenen Weltmeister Nico Rosberg, der in Monaco die Sieger-Interviews führte.
Für Ferrari lohnte sich der Ausgang des Rennens zweifelsohne: 25 Punkte Vorsprung hat WM-Spitzenreiter Vettel nun auf MercedesChauffeur Hamilton, der nach einem ganz schwachen Qualifying von Position 13 aus Siebter wurde. „Ich bin sehr glücklich mit den Punkten“, sagte der Brite anschließend. „Das war das Beste, was ich rausholen konnte.“
Rang drei belegte der Australier Daniel Ricciardo im Red Bull vor Mercedes-Pilot Valtteri Bottas aus Finnland. Damit stand erstmals seit rund einem Jahr kein Silberpfeil-Pilot auf dem Podium. Nico Hülkenberg (Emmerich) im Renault schied früh mit Getriebeproblemen aus, Pascal Wehrlein (Worndorf) musste das Rennen nach einem spektakulären Unfall beenden: McLaren-Mann Jenson Button, der für ein Rennen Indy-500-Starter Fernando Alonso ersetzte, wagte ein schwieriges Überholmanöver und hob Wehrleins Sauber dabei in die Bande (siehe gesonderten Text unten).
Vettels erste Chance auf den Sieg blieb ungenutzt. „Ich habe die ganze Nacht davon geträumt, wie ich sofort an Kimi vorbeikommen könnte“, sagte der Deutsche später. Doch als die roten Ampeln ausgingen, blieb der Finne cool und legte den besten Start der Topfahrer hin. Vettel kam von Rang zwei nicht besonders gut weg, konnte Bottas aber in Schach halten. Etwa 100 Meter dahinter gab es für Hamilton wenig zu holen, von Startplatz 13 war es von Beginn an ein verlorenes Rennen. Auf dem für Überholmanöver viel zu engen Kurs drehte der WM-Zweite relativ hilflos seine Runden, letztlich rutschte Hamilton durch eine gute Boxenstrategie zumindest einige Plätze nach vorn – Schadensbegrenzung!
Insgesamt dümpelte das Rennen lange Zeit vor sich hin; an der Spitze hatten Räikkönen und Vettel einen beruhigenden Vorsprung. Die größte Spannung bot allmählich die Frage, ob Ferrari sich zu einer Stallorder zugunsten des WM-Favoriten Vettel würde hinreißen lassen. „Nein, das möchte ich nicht“, hatte der Deutsche noch vor dem Rennen schroff auf eine entsprechende Frage geantwortet.
Doch die Taktik der Scuderia war dann zumindest verdächtig. Der führende Räikkönen wurde zuerst zum Reifenwechsel gerufen, Vettel durfte anschließend noch ungewöhnlich viele schnelle Runden drehen, bevor er an die Box musste – und mit diesem Vorteil kam er knapp vor dem Finnen wieder auf die Strecke. Das muss auch dem Ferrari-Team klar gewesen sein. In der Folge war Vettel („Unglaublich, es war ein sehr intensives Rennen“) allerdings auch deutlich schneller als Räikkönen und baute seinen Vorsprung aus. Dabei schien es zu bleiben, bis das Safety Car wegen des Wehrlein-Unfalls rausmusste. Das Feld wurde wieder zusammengestaucht, beim Neustart erwies sich Sebastian Vettel aber als überlegen.