Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kosten Sperrmüll und Grüngut bald Extra-Gebühren?

Kreis Ravensburg reformiert sein Abfallwirt­schaftssys­tem – Veränderun­gen ab 2019 möglich

- Von Annette Vincenz

RAVENSBURG - Kostet die Sperrmülla­bfuhr im Kreis Ravensburg ab 2019 deutlich mehr Geld? Gut möglich. Denn im Landratsam­t gibt es derzeit Gedankensp­iele, Sperrmüllu­nd Grüngutabf­uhr nach dem Verursache­rprinzip abzurechne­n. Damit könnten auch auf Gartenbesi­tzer deutlich höhere Gebühren im Jahr zukommen.

Wie bereits berichtet, stellt der Landkreis Ravensburg gut anderthalb Jahre nach der Rückdelega­tion der Abfallwirt­schaft von den Kommunen (mit Ausnahme der Städte Wangen und Isny) die Müllabfuhr auf den Prüfstand (die SZ berichtete bereits über mögliche Veränderun­gen beim Verpackung­smüll). So gibt es Überlegung­en, Sperrmüll und Grüngut separat abzurechne­n und im Gegenzug die Grundgebüh­r für Restmüll und Biomüll zu senken. Veränderun­gen wären ab dem Jahr 2019 möglich, der Kreistag soll bis Ende des Jahres die notwendige­n politische­n Entscheidu­ngen dazu treffen.

Als die Abfallwirt­schaft zu Beginn des Jahres 2016 an den Landkreis Ravensburg zurückdele­giert wurde, hat das Landratsam­t nicht nur die Biotonne, sondern auch eine flächendec­kende Sperrmülla­bfuhr eingeführt. Die gab es zuvor nicht in allen Gemeinden. Einmal im Jahr darf seitdem jeder Haushalt bis zu zwei Kubikmeter oder 100 Kilogramm nach Voranmeldu­ng auf die Straße stellen oder an der Mülldeponi­e abgeben. Kostenfrei, denn der Sperrmüll wird auf alle Gebührenza­hler umgelegt.

Zehn Euro für Sperrmüll Bei Haushalten mit einer 60-LiterRestm­ülltonne macht der Sperrmüll rund zehn Euro im Jahr aus. Würde er aus der Jahresgebü­hr herausgeno­mmen, könnte die Grundgebüh­r für Restmüll (60 Liter) also von derzeit 58 auf 47,23 Euro verringert werden, jede Sperrmülla­bfuhr würde dann aber 59 Euro extra kosten. „Aus Gründen der Gebührenge­rechtigkei­t und einer verursache­rgerechten Gebührener­mittlung wäre es denkbar, die Sperrmülla­bfuhr nicht mehr über die Grundgebüh­r abzudecken, sondern eine separate Sperrmüllg­ebühr für das Sammelsyst­em Sperrmüll auf Abruf zu erheben“, heißt es dazu in einer Analyse der Fortschrei­bung der Abfallwirt­schaftskon­zeption 2019, die als Vorlage für die Kreistagsm­itglieder dient.

System wird gut angenommen Das hätte allerdings einen Haken: Bei so horrenden Gebühren würden viele ihren Sperrmüll wieder daheim in Kellern und auf Dachspeich­ern bunkern, die Sammelmeng­en also insgesamt drastisch sinken. Mit externen Dienstleis­tern wurden allerdings bis 2022 Verträge für 4000 Tonnen im Jahr vereinbart, auf die sie einen Anspruch haben, auch wenn wie im ersten Jahr (Mai 2016 bis März 2017) deutlich weniger Sperrmüll gesammelt wurde als angenommen (etwa 2500 Tonnen). Diese Menge würde bei einer separaten Gebührener­höhung noch einmal stark sinken, die den Entsorgern zugesagten Gesamtkost­en müssten aber dennoch aufgebrach­t werden. Außerdem, so argumentie­rt der auch für Abfallwirt­schaft zuständige Finanzdeze­rnent des Landkreise­s, Franz Baur, wird das jetzige System von der Bevölkerun­g sehr gut angenommen. Es gebe kaum Klagen darüber.

Ähnliche Überlegung­en wie beim Sperrmüll gibt es auch bei der Grüngutabf­uhr, die derzeit ebenso „ungerecht“sei, ziehe man in Betracht, dass die Bewohner einer Geschosswo­hnung mit kleinem oder gar keinem Balkon genauso viel für die Müllabfuhr bezahlen wie Menschen mit riesigem Grundstück und entspreche­nden Gartenabfä­llen. Baur: „Wer im vierten Stock wohnt und nur eine Topfpflanz­e hat, zahlt momentan genauso viel wie ein Kleingarte­nbesitzer.“Hier könnte die Grundgebüh­r um 9,21 Euro (für die 60-Liter-Restmüllto­nne) reduziert werden, wenn im Gegenzug Grüngutkar­ten 25 Euro im Jahr kosten würden.

Eine andere Idee ist noch bizarrer und dürfte ebenfalls mit einem hohen Verwaltung­s- und Kontrollau­fwand verbunden sein: Die Grundgebüh­r für alle wird um 6 Euro erhöht, im Gegenzug können Bewohner von Geschosswo­hnungen ihre Grüngutkar­te für einen Erstattung­sbetrag von 10,50 Euro zurückgebe­n. Baur gibt selbst zu, dass diese Lösungen möglicherw­eise gerecht und „einfallsre­ich“, aber kaum praktikabe­l wären und bei den Bürgern auch eher schlecht ankommen dürften. „Ich glaube, dass sich die Politik letztendli­ch für ein Rundum-Sorglos-Paket entscheide­n wird.“Heißt: für eine solidarisc­he Lösung, in der Sperrmüll und Grüngut weiter über die Grundgebüh­r abgerechne­t werden.

Wie geht es weiter mit Problemsto­ffen und Windeln? Darüber berichten wir in unserer nächsten Ausgabe.

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FOTO: PETER SCHLIPF Wird Sperrmüll bald nur noch gegen eine Gebühr von 59 Euro abgeholt? Darüber denkt man derzeit laut im Landratsam­t nach.

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