Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein junger Kaufmann in der Tradition der Humpis
Bernd Hanslmeier fühlt sich als Nachfahre der Geschichte der berühmten Ravensburger Familie verpflichtet
RAVENSBURG - Die Humpis-Familie ist in Ravensburg immer noch präsent – und das nicht nur in der Geschichte. Ein Nachfahre der berühmten Familie lässt die Vergangenheit weiterleben.
Der eine hat um die Jahrhundertwende 1400 gelebt und war nicht nur ein höchst erfolgreicher Fernhandelskaufmann, sondern auch Mitbegründer der großen Ravensburger Handelsgesellschaft, Ravensburger Bürgermeister, Diplomat und Führer des Schwäbischen Städtebundes: Henggi Humpis, verstorben 1429. Der andere lebt im 21. Jahrhundert, ein junger Unternehmer, der zusammen mit seiner Frau in den vergangenen fünf Jahren in Schlier-Unterankenreute die Henggi Humpis GmbH, einen Fleischwarenvertrieb, aufgebaut hat: Bernd Hanslmeier. Was die beiden Männer über mehrere Jahrhunderte verbindet, ist ihre weitverzweigte und noch immer fortbestehende Familie.
Familie prägte Stadtgeschichte „Keine Familie ist mit der mittelalterlichen Stadtgeschichte Ravensburgs so eng verbunden wie die Familie Humpis“, betont Beate Falk vom Stadtarchiv in ihrer Schrift „Kaufmannskontore und Adelssitze – die Humpishäuser in Ravensburg“. Die Humpis hatten schließlich von 1298 bis 1528 insgesamt 77Mal die Spitzenämter der Freien Reichsstadt inne. In der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft besetzten sie außerdem von der Gründung um 1400 bis zur Auflösung 1530 unangefochten die führende Position als erste Regierer.
Gut möglich, dass das Auge seines Ahnherrn Henggi Humpis mit Wohlgefallen auf Bernd Hanslmeier, dem jungen Nachfahren, geruht hätte, hätte er ihn kennengelernt. Vielleicht hätte der erfahrene Regierer den vielversprechenden jungen Mann nach Kräften gefördert und ihn sogar in den Ravensburger Vorstand der „Neuner“befördert. Weil aber sein berühmter Vorfahre und all die anderen Regierer der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft schon lange tot sind, musste Bernd Hanslmeier beim Aufbau seiner Firma in Unterankenreute ganz auf sich selbst vertrauen. Zwar firmiert er mit Henggi Humpis, führt aber den Namen seines bürgerlichen Vaters, nicht den seiner Mutter Anna Hanselmeier von Hundbiss. Sie lebt in Tettnang und ist eine Tochter des 1994 verstorbenen Freiherrn Franz Anton von Hundbiss, Gutsbesitzer auf Waltrams.
In der Linie Waltrams, die sich ab dem 15. Jahrhundert innerhalb des Humpis-Familienverbandes herausbildete, existieren die Humpis bis heute fort, in einem adligen und einem bürgerlichen Zweig. Hingegen starb die Linie Ratzenried 1813 aus, die Linie Ravensburg, ausgehend von ihrem Stammvater Henggi Humpis, bereits 1567.
Allen Linien der Humpis gemeinsam war das konsequente Bestreben, die mit dem Fernhandel gemachten Gewinne vom 14. bis zum 16. Jahrhundert in ländlichem Grundbesitz anzulegen. So wurde städtisches Patriziat zu ländlichen Grundherren mit Adelstiteln. Der niedere Adel ermöglichte es ihnen, in den Reichsritterstand aufzusteigen.
Insgesamt 306 Personen aus den Reichsstädten Oberschwabens und des Bodenseeraumes sind nachgewiesen, die in irgendeiner Form an der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft Anteil hatten. Das ist bei Peter Eitel in „Die Große Ravensburger Handelsgesellschaft“nachzulesen. Diese Teilhaber kamen aus mindestens 119 verschiedenen Familien, die meisten waren in Ravensburg zu Hause, in Konstanz, Lindau, Wangen beziehungsweise Isny, Memmingen und St. Gallen.
Wie viele Nachfahren heute noch leben, kann Bernd Hanslmeier nicht sagen. Sicher ist, dass im Raum Kempten etliche Familien zu Hause sind, die sich auf einen HumpisStammbaum berufen können. In Illertissen gibt es Wolfgang E. Hundbiss, der sich im Museum für Gartenkultur engagiert. Auch in anderen Teilen Deutschlands leben noch Nachkommen der Humpis. So erinnert sich Beate Falk an Kontakte zu Familienmitgliedern auch in Karlsruhe, am Schliersee und sogar in Hamburg. Im Jahre 2009, anlässlich der Eröffnung des Museums Humpisquartier, hatte Bernd Hanslmeier alle zu einem Familientreffen eingeladen.
Ganz besonders verbunden fühlt er sich der Familientradition alljährlich beim Rutenfest, wenn er in das Kostüm eines ehrbaren Kaufmanns der Großen Ravensburger Handelsgesellschaft schlüpft. Darin begleitet er den von Albrecht Kraus kreierten Handelszug, die größte Festzugsgruppe mit über 200 Kostümträgern, neun Pferdegespannen und 25 Reitern, begleitet von den MuntpratTrommlern.
Und ein wenig stolz ist Bernd Hanslmeier, der von 2005 bis 2016 auch Gruppenleiter war, schon, dass er den Handelszug auch bereits dreimal zu baden-württembergischen Heimattagen begleitet hat, nach Bühl, Rottenburg und Bad Mergentheim. Eigentlich wäre er ja auch ein heißer Kandidat für die früher sehr populäre SWR-Ratesendung mit Wieland Backes gewesen: Ich trage einen großen Namen.