Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schlechte Noten: Rapp will Radkonzept beschleunigen
Bei der „verkehrspolitischen Radtour“kündigt der OB mehr Geld für den Ausbau der Radwege an
RAVENSBURG - Kräftig aufstocken möchte OB Daniel Rapp die Geldmittel, um das Ravensburger Radverkehrskonzept, ein 2014 beschlossenes Zehn-Jahres-Programm, schneller voranzubringen. Beim Start der jährlichen „verkehrspolitischen Radtour“mit Experten der Stadt, des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) und der Agendagruppe Radfahren, an der er auf einem Dienst-EBike teilnahm, kündigte der OB an, er werde dem Gemeinderat vorschlagen, künftig für diese Daueraufgabe mindestens 200 000 Euro jährlich auszugeben (bisher nur 10 000 bis 30 000 Euro). Für den barrierefreien Umbau der Bushaltestellen möchte Rapp sogar 300 000 Euro pro Jahr in die Hand nehmen.
„Wir können auch gleich einkehren“, frotzelte der OB in Anspielung auf die brütende Hitze, als sich die Teilnehmer an der Rundfahrt auf dem Marienplatz beim Rathaus einfanden, begrüßt von Anita Wilhelm und Martin Hulin im Namen des ADFC und der Agendagruppe. Mit von der Partie waren unter anderen die Stadträtinnen Maria Weithmann (Grüne) und Margarette Eger (CDU), der stellvertretende Leiter des städtischen Tiefbauamtes, Dirk Atzbacher und Timo Nordmann, als Verkehrsplaner im Stadtplanungsamt zuständig für den Radverkehr. Bevor sich der Radler-Pulk in Richtung Unterstadt in Bewegung setzte, heizte der OB noch kurz die Fantasie an: Ein Radschnellweg nach Vorbildern im Ruhrgebiet zwischen Weingarten, Ravensburg und Friedrichshafen sei im Gespräch, ein entsprechender Zuschussantrag beim Land in Abstimmung mit den Häflern geplant. Das werde ein großes Thema, nicht nur für Freizeitradler, sondern auch für Berufspendler im E-BikeZeitalter.
Erster Stopp Eisenbahnstraße: Die Fahrradstellplätze gegenüber der Jodokskirche reichen bei Gottesdiensten nicht aus, bemängelt Martin Hulin. Der OB verspricht, bei einem Treffen mit den Pfarrern das Problem zur Sprache zu bringen. Er bekommt aber auch ein Lob zu hören: Fast alle Einbahnstraßen seien für den Radverkehr in der sonst verbotenen Richtung freigegeben.
Busbahnhof: Missverständliche Fahrbahn-Markierungen beim TWSGebäude führen dazu, dass Radfahrer, die den Platz in Richtung Metzgerstraße, also Norden, queren, sich falsch verhalten, Bussen nicht die Vorfahrt lassen und sich gefährden, bemängeln die Leute vom ADFC und der Agendagruppe. Und wie zum Beweis radeln etliche auch gleich verkehrswidrig vorbei. Kommentar von Rapp und Nordmann: Wir lösen das Problem in Zusammenarbeit mit der Polizei.
Radhaus-Baustelle beim Bahnhof: Dieses Projekt liegt dem OB besonders am Herzen. Erstmals, so betont er, werde hier Elektro-Bike-Sharing möglich sein. Hier können künftig also E-Bikes ausgeliehen werden. Das sei aber nur der erste Schritt. Rapps Fernziel lautet: mehrere Leihund Ladestationen im Stadtgebiet, auch mehr Stellplätze, die überdacht sein sollten.
Eisenbahnbrücke zwischen Schlegelwinkel und Deisenfang: Nur der Gehweg in Richtung Innenstadt (Nähe Einfahrt Schindele) ist für Radfahrer freigegeben, nicht aber der Gehweg auf der anderen Brückenseite. Das möchte der OB unbedingt geändert haben, weil hier viele Kinder und Jugendliche in Richtung Sportzentrum unterwegs sind. Eine separate Brücke für Fußgänger und Radler ist sogar schon erwogen, aber wieder verworfen worden, wirft Nordmann ein. Die relativ schmale Brücke zu verbreitern, verbiete sich „Wir müssen sehen, dass wir nach oben kommen. Am Geld liegt's nicht.“Mit diesen Sätzen kommentierte OB Rapp bei der verkehrspolitischen Radtour die unbefriedigende Gesamtbewertung von 3,9 für die Stadt Ravensburg beim „Fahrradklimatest 2016“des ADFC. Weingarten hat bei diesem bundesweiten Ranking noch schlechter abgeschnitten, Bad Waldsee im Kreis Ravensburg am besten. Was die Werbung für das Radfahren in Ravensburg betrifft, so ergab die Befragung der Radfahrer gar nur aus statischen Gründen. Nicht näher erläutert der OB seine Bemerkung: „Eine Überquerungsmöglichkeit in der Nähe des Busbahnhofes muss auch kommen.“Doch noch eine Chance für den Escher-Steg?
Brühlstraße: Dass hier teilweise nicht gerade optimal geradelt werden kann, wird beim Lokaltermin schnell klar. Ob Verbesserungen möglich sind, bleibt abzuwarten.
Meersburger Straße/Mühlbruckkapelle: Hier habe die Stadt schon einige Maßnahmen umgesetzt, erkennen die Leute vom ADFC und der Agendagruppe an. Die Busspur in Richtung Innenstadt soll für Radfahrer freigegeben werden, Bedenken, diese könnten den Busverkehr bremsen, teilt die Gruppe nicht. Noch Zukunftsmusik ist die Freigabe der Busspur für Elektroautos. An der Einmündung der Escher-Wyss-Straße in die Meersburger Straße erhoffen sich ADFC und Agendagruppe eine unkomliziertere Führung des Radverkehrs.
Kreuzung Karl-/Bachstraße: Lob für die Stadtverwaltung für gut sichtbare Radfahrer-Schutzstreifen und Zusatzampeln. die Note 4,6. Auch die Kontrolle der Auto-Falschparker auf Radwegen lässt nach ihrer Erfahrung zu wünschen übrig: 4,4. Aufseiten des ADFC wird bedauert, dass die Stadt Weingarten aus Personalund Geldmangel bisher kein Radverkehrskonzept auf den Weg bringen konnte. Daher ist der ADFC in die Bresche gesprungen, denn die Radwegenetze der beiden Nachbarstädte sollten auch nach Ansicht von OB Rapp unbedingt aufeinander abgestimmt werden. (gp)