Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Leserbrief
Zum Bericht „Das war etwas ganz Besonderes“(„Schwäbische Zeitung“vom 10. Juni):
„Kein Grund, Frauen die Teilnahme zu verweigern“
Ja, das war etwas ganz Besonderes. Familie Schütterle, Vater, zwei Söhne und zwei Enkeltöchter, brachten es zusammen auf 150 Teilnahmen beim Blutritt in Weingarten. Da kann man nur gratulieren. Was mich aber besonders berührt hat, sind die Worte der älteren Enkelin Valerie. „ Ich mag gar nicht größer und schwerer werden“, weil sie dann nicht mehr mitreiten darf. Warum eigentlich nicht? Die Verantwortlichen berufen sich auf eine jahrhundertealte Tradition. Aber Christus, dessen heiliges Blut wir mit der Prozession ja verehren, hat ja auch immer wieder Traditionen gebrochen. Außerdem bleibt der Blutritt, auch wenn Frauen mitreiten dürfen, eine uralte Tradition.
Es wird auch immer wieder gesagt, das sei ja kein Schaureiten, sondern gelebter Glaube und Frömmigkeit. Nun wird ja wohl kaum jemand behaupten wollen, Frauen seien weniger fromm. Da muss man doch nur mal in die Kirchen schauen. Bestimmt zwei Drittel der Gottesdienstbesucher sind weiblich. Und die können nicht nur die Pferde putzen und versorgen, nein, viele können auch ganz gut reiten. Es gibt also keinen vernünftigen Grund, denen die Teilnahme zu verweigern. Man kann auch nicht ständig von den muslimischen Mitbürgern die Gleichberechtigung von Mann und Frau einfordern, wenn man sich selbst nicht daran hält.
In diesem Jahr waren es bei uns nur 2518 Blutreiter und es werden jährlich weniger. Am Wetter kann es ja wohl nicht gelegen haben. Unser Prädikat „Größte Reiterprozession Europas“, auf das wir ja so stolz sind, gerät langsam in Gefahr. Maria Martin, Weingarten