Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Das Ende des schleichenden Niedergangs
Gemeinderat muss Haushalt konsolidieren – Kleines Sommertheater wird geprüft
WEINGARTEN - Die Klosterfestpiele in Weingarten sind endgültig abgeschafft. Das hat der Gemeinderat in seiner Sitzung am Montag mit großer Mehrheit bei nur zwei Enthaltungen entschieden. Die städtischen Kosten von rund 150 000 Euro pro Spielzeit waren angesichts der strengen Sparauflagen des Regierungspräsidiums Tübingen einfach nicht mehr tragbar. „Das schmerzt uns alle. Schweren Herzens, aber mit gutem Gewissen müssen wir diese Entscheidung treffen“, sagte Oberbürgermeister Markus Ewald. Allerdings: Die Stadträte haben ein kleines Hintertürchen geöffnet, um zumindest ein kleines Freilichttheater im Zwei-Jahres-Rhythmus veranstalten zu können.
Damit hat der schleichende Niedergang der Klosterfestspiele nun ein vorläufiges Ende gefunden. Nach dem Start im Jahr 2000 wurden die roten Zahlen des kulturellen Aushängeschildes und der damit verbundenen sogenannten Strahlkraft einer solchen Produktion akzeptiert. Doch durch die finanzielle Krise des Krankenhauses 14 Nothelfer, die jahrelang den Haushalt belastete, mehrte sich die Zahl der Kritiker. Als dann noch der langjährige Spielort inmitten des Klosters im Jahr 2014 aufgegeben werden musste, weil sich die Akademie der Diözese RottenburgStuttgart querstellte, wurde es besonders kritisch. „Gestorben sind sie, als sie am Martinsberg herauskomplimentiert wurden“, sagte auch Horst Wiest, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler.
Im Jahr 2015 gab es dann eine erste Zwangspause. Es fehlte an Geld und einem neuem Spielort. Im Jahr 2016 konnten die Festspiele dann – auch durch einen Zuschuss in Höhe von 45 000 Euro vom Land – erstmals im Hofgut Nessenreben aufgeführt werden. Da diese Förderung jedoch einmalig war und kaum Aussicht auf weitere Förderungen bestand, entschied sich der Stiftungsrat der Klosterfestspiele, eben diese nur noch im Zwei-Jahres-Turnus stattfinden zu lassen. In dem jeweiligen Zwischenjahr hätte es eine kleinere Produktion – ähnlich wie nun angedacht – geben sollen. Bei Kosten von 150 000 Euro für die „großen“Klosterfestspiele und 50 000 Euro für das „kleine Sommertheater“wäre man im Schnitt auf jährlich 100 000 Euro an Zuschüssen durch die Stadt gekommen. Und genau die galt es nun einzusparen.
Auflösung der GmbH Daher waren sich auch alle Fraktionen im Gemeinderat einig, dass diese Maßnahme unausweichlich sei. „Wir müssen nun an Dinge, die den Bürgern lieb geworden sind“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Axel Müller. Seit Jahren suche man nach Möglichkeiten zu sparen und liege mit Gebühren und Steuern schon sehr weit oben. Auch die Eintrittspreise könne man nicht weiter anheben. „Das geht so nicht. Dann ist auch hier irgendwann mal die Axt am Baum“, sagte er. Auch Horst Wiest konstatierte: „So gerne wir sie hätten. Wir können sie uns nicht leisten.“Daher beauftragten die Stadträte nun auch OB Ewald, der Auflösung der dazugehörigen GmbH – die Stiftung Klosterfestspiele – in der Gesellschafterversammlung zuzustimmen. Damit werden dann auch die bisherigen Geschäftsführer, Günter Staud und Rainer Beck, ihre Posten an der Spitze der Klosterfestspiele aufgeben. „Ohne Landeszuschuss geht es nicht. Diesen Teil müssen wir einfach beerdigen“, sagte Claus Keßel, Fraktionsvorsitzender der Grünen und Unabhängigen.
Einem anderen Teil räumten die Stadträte derweil noch eine letzte Chance ein. Nach einer emotionalen Diskussion beauftragten sie die städtische Kulturverwaltung, die Reali- sierung eines Sommertheaters in verkleinerter Form und im Zwei-Jahres-Rhythmus mit der Stadt als Träger zu prüfen. Dafür hatte auch OB Ewald mit einem leidenschaftlichen Appell geworben. „Es geht ein Stück weit um die Liebe zum Theater. Daher bitte ich darum, das nicht endgültig zu beenden“, sagte Ewald. Man dürfe die langjährigen Sponsoren und die 70 ehrenamtlichen Helfer nicht einfach so verlieren. „Wir sind nicht nur als Sparkommissare angestellt“, sagte er. „Es wäre eine neue Möglichkeit, Kultur etwas niederschwelliger anzubieten.“
CDU gegen Sommertheater Dem konnte die CDU-Fraktion wenig abgewinnen. Die angedachten Zahlen – die Rede ist von 47 000 Euro beziehungsweise durch Einsparungen beim Kulturkreis von 37 000 Euro pro Spielzeit – seien „nicht ansatzweise belastbar“, meinte Axel Müller und sprach von einer „sehr positiven und optimistischen Rechnung“. Er habe den Eindruck, dass man das Projekt „auf Biegen und Brechen“am Leben halten wolle und forderte, konsequent und ehrlich zu bleiben. Seine Fraktion stimmte dann auch geschlossen gegen den Vorschlag.
Kulturelles Gesamtkonzept Allerdings sprachen sich – bei zwei Enthaltungen – alle anderen Räte für die Prüfung aus, obwohl beispielsweise die Freien Wähler die finanzielle Aufstellung auch nicht für realistisch hielten. Derweil betonte Claus Keßel: „Ich möchte mich nicht zu Tode sparen, sondern noch etwas von dieser Stadt haben. Da geht es um Balance. Ich sehe diese Balance.“Dafür hatte auch sein Fraktionskollege Holger Heyer gesorgt. Durch dessen Anregung wurde der Beschlussvorschlag noch vor der Abstimmung um den Passus erweitert, man möge auch ein kulturelles Gesamtkonzept für solch ein Sommertheater prüfen und andersartige Kultur mit einbeziehen.