Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein würdiger Abschied
Abschied von Helmut Kohl – die Trauerfeierlichkeiten in Straßburg und Speyer für den verstorbenen Altkanzler waren ein bewegendes und emotionales Gedenken an eine politische Jahrhundertgestalt. Der historische Trauerakt im Europäischen Parlament geriet zu einer eindrucksvollen Demonstration für Frieden, Freiheit und die europäische Einigung – für all die Werte, die Kohl in seinem politischen Leben so wichtig waren.
Noch einmal haben sich Weggefährten und Freunde aus dem In- und Ausland vor dem großen Staatsmann verneigt, an sein Lebenswerk und seine bleibenden Verdienste erinnert. Nach dem unwürdigen Ringen um Form und Protokoll des Gedenkens war der erste europäische Trauerakt nun ein sehr würdiger Rahmen für Kohls letzte Reise.
Es war der frühere amerikanische Präsident Bill Clinton, der den Tränen nah, deutlich gemacht hat, dass Kohls Verdienste bleibend sind und auch noch die künftigen Generationen von einem geeinten Deutschland, einem geeinten Europa und einer friedlicheren Welt profitieren werden. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker erinnerte daran, wie wichtig Vertrauen, Verlässlichkeit und Freundschaft über Parteiund Staatsgrenzen hinweg auch und gerade auf der politischen Bühne sind. Helmut Kohl stand für diese Werte. Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte quasi in persona, wie die Politik des verstorbenen Altkanzlers nicht nur Deutschland und Europa, sondern damit auch das Schicksal und die Chancen von Millionen von Menschen geprägt und verändert hat.
Der Abschied von Helmut Kohl – mit der Europafahne auf dem Sarg, der europäischen Hymne und den Appellen der Politiker – war eine eindringliche Mahnung, sein politisches Erbe zu bewahren und weiterzuentwickeln. Die Hoffnung, dass diese Worte von allen EU-Politikern beherzigt werden, ist zwar gering. Doch der neue französische Präsident Emmanuel Macron machte Mut, indem er Kohls Vermächtnis auf den Punkt brachte: Es gibt keinen Anlass zur Resignation.
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