Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Prince ist der heimliche Star
Die zweite Jamsession in der Linse hat’s wieder in sich – Wer mag, darf mit auf die Bühne
WEINGARTEN - Jamsession im Foyer in der Linse, zum zweiten Mal, am vergangenen Freitagabend: Ins Scheinwerferlicht und vor das kleine Publikum haben sich Gitarristen, Drummer, Pianisten, selbst ein Sänger und ein sehr starker Saxophonist gewagt. Und gerade weil den Zuhörern klar ist, wie haarig Improvisationen manchmal sein können, ernteten alle Musiker anerkennenden Applaus.
Sollte es unter Musikern etwa tatsächlich mimosenhafte Diven geben? Das fragt sich das Linse-typisch bunte Publikum unweigerlich, als der Musiker am Kontrabass gut hörbar an die Adresse seiner Mitmusikanten stöhnt: „Das hat so keinen Sinn.“Offenbar hat er mehrfach das Kommando „E-Moll“ausgegeben („E wie Emil!“), und irgendwer hat wohl etwas anderes verstanden. Nun mag es unter den anwesenden Linse-Gästen mehr Hobbymusiker als schlichte Nachtschwärmer geben – aber so richtig schräg und schmerzhaft reagiert niemand auf die scheinbare schräge Intonation von „I shot the Sheriff“, die seit Bob Marley zum Weltmusikerbe gehört. Im Gegenteil: Nachdem sich Prince Akongo nicht lange ans Mikrofon hat bitten lassen, brennt die Hütte.
Eine Jamsession, das ist per Definition „das zwanglose Zusammenspiel von Musikern, die üblicherweise nicht in einer Band zusammen spielen oder singen“. Ein improvisiertes Miteinander, in Jazz-Kreisen etabliert, bei dem höchstens die Rhythmusgruppe – meist Klavier, Kontrabass und Schlagzeug – bekannt ist, und die sich auf Standards stützt. Für die Linse-Sessions liefern diese Basics Oli, Jürgen und Andreas. Aber was dann gespielt wird, das ist schließlich doch ziemlich spontan. Einzige Vorgabe: Alle Musiker sollten den Song kennen:
Dass sich der in Weingarten bekannte Afro-Musiker Prince jedem Tempo, jeder Improvisation anschließen kann, das zeigt er einmal mehr: „Black Magic Woman“und allerhand Blues kann er. Am Mikro ebenso gut wie an der Cachon. Prince ist es auch, der den heimlichen Star des Abends mit warmen Worten ankündigt. „Kilian muss kommen“, sagt er und lobt den jungen Kollegen als „besten Mann“. Den Vorschusslorbeeren gerecht zu werden, fällt dem Saxophonisten überhaupt nicht schwer. Und wenn es nicht schon fast ein Uhr nachts wäre, dann hätten die Zuhörer vielleicht auch noch genug Energie aufgebracht, um „MisterSexy-Sax“ Kilian eine Zugabe zu entlocken. Denn seine Varianten von Santana-Klassikern sind extrem hörenswert.
Dabei sollen die musikalischen Leistungen der vorangegangenen Spontan-Bands keinesfalls geschmälert werden. Drei Gitarren und eine Cachon sorgen zu Beginn nämlich für Lagerfeuer-Romantik indoor, bei der die ersten Fans bereits die Knie anziehen und verzückt wippen. „Luki, deine Töne bringen uns in Schwung“, steht auf einem provisorischen Banner, das eine junge Frau eigens für ihren Gitarristenfreund in die Höhe hält. Und spätestens als „Cocaine“durch das Linse-Foyer wummert, da sind alle ein bisschen Familie: Die adrette Dame mit der praktischen Kurzhaarfrisur und die lässige Dreadlocks-Trägerin, der CCTop-Bartträger, der mit dem Karohut und auch die Basecap-Fraktion. Für die nächste Jamsession in der Linse am 11. August wünscht man sich eigentlich nur eines: noch mehr Gäste.