Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zitterpartie in Weißenau vor dem Festzug
Rechtzeitig kam die Sonne heraus – Niedriger Bierpreis und Feuerwerk lockten zum Festauftakt viele Besucher
RAVENSBURG - Absagen oder durchziehen? Fast wäre Ulrich Höflacher, Vorsitzender der Heimat- und Kinderfestkommission Weißenau, am Sonntagmorgen in eine tiefe Depression gefallen angesichts des Regens. Alle Mühe vieler Ehrenamtlicher bei der Festzugs-Vorbereitung umsonst? Mitnichten! Rechtzeitig vor Beginn klarte der Himmel auf. „Ein blaues Wunder ist geschehen in Weißenau“, freute sich Höflacher in seiner Festansprache vor der Ehrentribüne auf dem Torplatz, bevor sich der Festzug in Bewegung setzte, sonnenüberstrahlt und daher besonders farbenprächtig.
Unheimlich viel Prominenz hatte sich zum traditionellen Höhepunkt des Heimat- und Kinderfestes diesmal eingefunden: gleich zwei Kaiser, nämlich Maximilian I. im goldblinkenden Harnisch nebst Gemahlin hoch zu Roß samt stattlichem Ritterund Marketenderinnen-Tross (die Freundschaft des Fanfarenzuges Weißenau mit den Füssenern machte es möglich), außerdem Kaiser Barbarossa mit Gattin, der 1194 das Kloster Weißenau unter seinen Schutz gestellt hatte. Beide zogen im Festzug mit, huldvoll in die Menge winkend. Auf der Ehrentribüne hatten ein Minister (Manfred Lucha), zwei Bundestagsabgeordnete (Agnieszka Brugger und Waldemar Westermayer), ein Landtagsabgeordneter (August Schuler) und natürlich Oberbürgermeister Daniel Rapp und Ortsvorsteherin Simone Rürupp, die Schirmherrin des Festes, samt vielen anderen Ehrengästen Platz genommen. Die Weißenauer fühlten sich angesichts von so viel Prominenz geehrt.
Mehr als 500 Kinder beim Festzug Für den Festzug hatten sie wieder jede Menge Kinder in Kostümen aufgeboten, über 500 an der Zahl, die zu Fuß oder auf den Festwagen Märchen und Geschichten darstellten, aber auch die Landwirtschaft und das Handwerk in längst vergangenen Zeiten und im dritten Teil Weißenauer Historie rund ums Kloster. Den Zuschauern ging das Herz auf. Da waren Pferde prächtig herausgeputzt worden, die zum Teil die Festwagen zogen, aber auch uralte, liebevoll gepflegte Traktoren. Der Weißenauer Festzug ist nämlich auch eine Oldtimer-Schlepperschau vom Feinsten. Mit gekonnten Blumen-Arrangements auf ihrem Wagen begeisterten die Blumen- und Gartenfreunde, mit echten Stallhasen die Kaninchenzüchter auf dem ihren. „Spiel und Sport“lautete das Motto auf einem weiteren, gezogen von einem Pferde-Vierergespann. Aber auch ein Pony- und ein Geißengespann zogen zur Freude besonders der kleinen Zuschauer im Festzug mit, den Ralf Kirchmeier auf dem Torplatz kommentierte, Monika Buck beim Möbelhaus Hertkorn in der Ravensburger Straße. Huldvoll winkte natürlich auch wieder Graf Sternberg aus einer Kutsche. Die Weißenauer haben ihm verziehen, dass er die Schätze ihrer Klosterbibliothek einst verschleudert hatte.
Den Festauftakt hatte bereits am vergangenen Freitag der beliebte Luftballon-Massenstart auf dem Festplatz gebildet – und natürlich nach Einbruch der Dunkelheit die Fackelserenade mit den Fanfarenzügen Weißenau und Rauenspurg mit anschließendem Feuerwerk. Eingeschüchtert hüllte sich der stille Mond über den Türmen der Peterund Paul-Kirche bei so viel glanzvoller Konkurrenz in Wolken. Im „schönsten Biergarten Oberschwabens“ labten sich die Weißenauer und ihre Gäste am Gerstensaft, der pro Liter bis zu zwei Euro preiswerter ausgeschenkt wurde als demnächst beim Rutenfest. Am darauffolgenden Festsamstag beim traditionellen Flohmarkt waren alle, Anbieter und Kunden, heilfroh, dass er unter den schattenspendenden großen Bäumen stattfinden konnte.
Beim Fußballturnier um den Eschachpokal allerdings galt es, in praller Sonne zu kicken. Am Nachmittag und Abend litt das Fest dann stark unter den stundenlangen Gewittern. Man versuchte zwar, in die Festhalle auszuweichen, wo auch die Sieger des Fußballturniers geehrt wurden, aber das war nur eine Notlösung. Der Kasse der Festkommission tat der Wettereinbruch gewiss nicht gut. Für den restlichen Festsonntag wünschten sich die Verantwortlichen daher um so inständiger, dass noch das Springen und Bärwerfen der Grundschüler, das Drachenwerfen der Schüler ab Klasse fünf und schließlich die Verlosung der Festabzeichen trocken über die Bühne gehen.