Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Irrtum ausgeschlossen: Spaß garantiert!
Beim Landeskinderturnfest in Ravensburg ist die „Turni-Tobehalle“eine Einladung zum Bewegen, die kein Kind ablehnt
RAVENSBURG - Turni ist nicht einfach ein Maskottchen. Der blaue Hase in Diensten des Schwäbischen Turnerbundes ist ein cleveres, knitzes Maskottchen. In der Ravensburger Kuppelnau-Sporthalle grüßte Turni am Wochenende von einem großen Banner. „Kinderturnen“, stand darauf zu lesen – und: „170 000 Kinder in 2000 Vereinen können sich nicht irren!“
Winfried Hugger ist nicht einfach der Jugendpräsident des Turngaus Oberschwaben. Der 63-Jährige aus Altshausen ist ein cleverer, knitzer Jugendpräsident. Aus der KuppelnauSporthalle haben er und sein Team fürs Wochenende die „Turni-Tobehalle“gemacht, eine Bewegungs-, ja Abenteuerlandschaft, in der allerlei Turngeräte – pfiffig-kreativ kombiniert – einluden zum Klettern und Hangeln, zum Rollen und Kriechen, zum Schwingen und Hüpfen ...
Landeskinderturnfest ist in Ravensburg, drei Tage lang. Die TurniTobehalle ist ein Programmpunkt. Nein, d-e-r Programmpunkt. Sagen Nancy, Emely und Carolyne – drei der 170 000, die sich nicht irren. Drei vom SC Staig. Mit roten Backen erzählen die jungen Damen, elf, elf und zwölf, von den vergangenen eineinhalb Stunden. Was da am besten war? „Das mit den Trampolins“, sagt Emely. „Die Schaukel“, ergänzt Nancy, „fand ich auch sehr cool. Und den Sprungturm.“Carolyne fällt die Antwort schwerer: „Mir hat eigentlich alles am besten gefallen. Ich bin ausgepowert.“
Ringe + Langbank = Riesenschaukel So war das wohl auch gedacht, damals schon, Ende der 1990er-Jahre, als der Turn-Abteilungsleiter Winfried Hugger seine Ideen erstmals beim heimischen TSV Altshausen Geräteparcours werden ließ. Sportlehrer ist Winfried Hugger, Turnvereinsmitglied zudem seit dem fünften Lebensjahr, aber „kein Turner mit Scheuklappen“. Sehr wohl jedoch einer, der genau hinschaut. Dass Kinder viele ihrer alltäglichen Bewegungsräume verloren haben, war ihm aufgefallen. „Nachdem man ja keine Gelegenheit mehr hat, im Freien irgendwelche Dinge zu machen, hab’ ich das Ganze einfach mal in die Halle genommen.“Und diesen Grundgedanken mehr und mehr ausgefeilt, seine offenbar sattsam vorhandene Fantasie bemüht, andernorts Gesehenes integriert. Herausgekommen ist verblüffend Simples wie etwa die Bahn mit hier Minitrampolins, da Längskästen. Herausgekommen ist verwegen Anmutendes wie das Miteinander von Stufenbarren, Schwebebalken, Pauschenpferd, Langbank und Rhönrad (!) zum Balancier-Eldorado. Herausgekommen ist eine Riesenschaukel aus Ringen und sicher vertäuter Langbank.
Herausgekommen ist, was Nancy „Sprungturm“nannte: ein von Matten ummanteltes Baugerüst, quadratisch aufgebaut. Kletterstangen und Gitterleitern, in spitzem Winkel angelegt, führen ebenso auf die Plattform in luftiger Höhe wie eine Teppichbahn. An der freien vierten Seite lockt eine Weichbodenmatte kühne Springer. Winfried Huggers Lieblingsstation ist das, „da machen die Kinder wahnsinnig vieles. Die klettern unten rauf, oben rauf, im Slalom durch. An den Stangen gibt’s dann die Halbprofis, die machen da eine Kippe, die machen auch mal ’nen Umschwung, lassen sich in die Matten fallen.“Jedes Kind nach Lust, Können und Mut, jedes in seinem Tempo. „Ganz, wie es sich’s zutraut.“
Die Gruppe macht dabei stark, sie motiviert. Erfolgserlebnisse tun das auch, Susanne Wontka kann es bestätigen. Übungsleiterin ist sie beim SC Staig, und unter den 26 Kindern, mit denen der Verein aus dem südlichen Alb-Donau-Kreis nach Ravensburg gekommen war, „war heut’ ein kleineres mit dabei, der ist erst fünf. Und der hat sich hier schon einiges getraut.“Winfried Hugger hört so etwas gern. Und hat eine Episode parat, die sich in Altshausen zugetragen hat. Dort steuert der TSV seit 2007 jeweils nach Ostern vier Tage lang für vier Stunden einen Turn-„Dschungel“zum Gemeinde-Ferienprogramm bei, der Turngau Oberschwaben firmiert als Veranstalter. Ein Kind – „es war damals vielleicht sechs Jahre alt“– war in einem der ersten Jahre „alle vier Tage vier Stunden da. Und am letzten Tag um drei viertel sechs, also eine Viertelstunde vor Schluss, liegt es auf einer Bank und schläft!“
Anregungen für die Halle daheim Das hat aus Susanne Wontkas fröhlicher Truppe niemand geschafft, und doch fand auch sie „die Tobehalle klasse – echt schön! Und das mit dem Schwebebalken ist ’ne richtig tolle Idee, das könnten wir vielleicht selbst mal hinbekommen bei uns in Staig.“Anregungen mitnehmen – auch das ist Landeskinderturnfest. Winfried Hugger: „Acht Vereine im Turngau Oberschwaben setzen das Konzept jetzt, in Abänderung, schon um. Es zieht so leichte Kreise.“Die Turnfestpremiere war logische Konsequenz.
Viereinviertel Stunden Aufbau also am Donnerstagabend durch ein aus Altshausen eingespieltes Elf-Personen-Team, Aufsicht durch Helferinnen großteils vom TSV Eschach, dazu jede Menge positive Resonanz. Sogar höchstinstanzlich: Wolfgang Drexler, Präsident des Schwäbischen Turnerbunds, nannte das Gesehene nach einer Stippvisite schlicht „unglaublich“. Ein Urteil, das sich keineswegs nur auf Air Tramp (ein überdimensioniertes Hüpfkissen) und Air Track (eine aufblasbare Bahn für Salti, Flickflacks und, und, und) bezog, die wohl die wenigsten Turnvereine in ihrem Gerätebestand haben. In der TurniTobehalle sorgten sie für gehörigen Landeskinderturnfest-Zusatzspaß.
Winfried Hugger dürfte den auch gehabt haben. Sein Maß allen Zufriedenseins: „Wenn’s angekommen ist bei den Kindern, hat sich’s gelohnt.“Hat es sich. Weil es angekommen ist. Definitiv. Sagen Nancy, Emely und Carolyne. Und die irren sich nicht.