Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Zehntausende feiern auf dem Marienplatz
Froher Auftakt zum Ravensburger Rutenfest bei sommerlichen Temperaturen – Regen setzte später ein als angekündigt
RAVENSBURG - Es dürften wieder Zehntausende gewesen sein, die am Samstag auf dem Ravensburger Marienplatz einen ruteligen Abend der Begegnungen gefeiert haben. Das Ende des Frohen Auftakts brachte dann ein sturzbachartiger Regenschauer.
Die Gruppe hatte sich bald nach den Böllerschüssen gefunden, um von einem gemütlichen Garten-Festle in der Innenstadt rüber auf den Marienplatz zu gehen, um nun den Abend auf dem Frohen Auftakt zu verbringen. Und auf dem Weg dorthin stimmte man sich ein. Erinnerungen und Erwartungen gingen dabei ineinander über. Und dann der Augenblick, der einen jedes Jahr geradezu mit Wucht trifft, wenn man auf den von Menschen geradezu überquellenden Platz kommt. Und wie es so ist, hat sich auch die Gruppe bald zerstreut, weil sich für alle unterschiedliche Begegnungen ergeben haben.
Wer schon öfter auf dem Frohen Auftakt war, kennt den Wechsel der Wahrnehmung: Zuerst die Konfrontation mit einer unübersehbaren Menge, dann aber die Erkenntnis, dass diese Vielzahl aus einer ebenso nicht zählbaren Menge aus festen und offenen Gruppen besteht. Erfahrene Rutenfestler meiden sogar den Gang vom einen zum anderen Ende des Platzes, sondern suchen lieber gleich gezielt einen der sehr unterschiedlichen Orte beim Frohen Auftakt auf: die Bühnen mit Bands und dem Stadtorchester, die Weinstände der Rutenfestkommission und der Bürgerstiftung mit den drei Bürgermeistern beim Ausschank und die wieder sehr individuellen Angebote der Lokale. Und genauso unterschiedlich sind auch die Gruppen der Besucher: Von jungen Leuten, die Party machen, bis hin zum Kreis ehemaliger Trommler, die mit ihren verblichenen Kappen schon mehr als 50 Rutenfeste mitgemacht haben.
Eine noch junge Tradition Die Premiere des Frohen Auftakts im Juli 1968 war ein unmittelbarer Erfolg gewesen. Die Rutenfestkommission hatte in jenen Jahren einige ganz grundsätzliche Neuerungen geschaffen und eben auch den Frohen Auftakt als Fest der Begegnung. Bei diesem steht nicht ein Programm oder ein Biergarten im Mittelpunkt, sondern die Möglichkeit des Austauschs mitten in der Altstadt. Erster Ort war der Gespinstmarkt gewesen. Viele erinnern sich noch an die sehr stimmungsvolle Atmosphäre dort, die aber allenfalls für 5000 Besucher Raum bot. Daher erfolgte 1984 die zunächst nicht unumstrittene Verlegung auf den Marienplatz. Damit einher ging dann auch nach und nach der Wandel zum Charakter, wie er heute längst „Kult“ist. Eine weitere Grundsatzentscheidung der Rutenfestkommission hat sich auch längst bewährt: Die Einlasskontrolle und das Verbot, eigene Flaschen mitzubringen. Denn den von Scherben übersäten nächtlichen Marienplatz früherer Jahre dürfte niemand vermissen.
Ganz aktuell hat es 2017 einige Einschränkungen im Bereich des südlichen Marienplatzes gegeben. In einem Gespräch vor dem Rutenfest hat Dieter Graf notwendige Konsequenzen aus der Sanierung der Marienplatz-Tiefgarage angesprochen. Dabei dankte der Vorsitzende der Rutenfestkommission allen Ehrenamtlichen, den Wirten und den Besuchern für ihr konstruktives Entgegenkommen. Mit dem Fortgang der Stunden ist der Frohe Auftakt dann mehr und mehr von dem geprägt, was eine begeisterte Rutenfestlerin eine „rutelige Redseligkeit“genannt hat: Es geht ja nicht so sehr um nüchternes Tiefschürfen beim Frohen Auftakt, aber auch nicht um alkoholisiertes Grölen. Das ist verpönt. Und natürlich gehört zum Charme des Frohen Auftaktes auch das Zufällige und nicht Geplante, ein unerwartetes Wiedersehen oder neue Bekanntschaften in einer zufällig entstanden Gruppe. Oder man lernt ganz neue Seiten von Leuten kennen, die auch lange nach der Schule ihren „Faust“kennen, mündend in die Strophe „Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein“. Irgendwie passt das ja zum Rutenfest und zum Frohen Auftakt.
Erst Sommerhitze, dann Regen Schon vor Mitternacht hatte sich nach der schwülen Hitze des Tages bereits eine zunächst angenehm empfundene Brise bemerkbar gemacht, auch die ersten Regentropfen haben noch nicht gestört. Aber dann ging es mit dem Platzregen ganz schnell, und so war es dann für die meisten mit dem Frohen Auftakt im Freien vorbei. Wahrscheinlich wird in künftigen Jahren bei den meisten Besuchern in Erinnerung bleiben, wie man mit diesem Platzregen mehr oder weniger zurechtgekommen ist. Aber das kann man dann beim nächsten Frohen Auftakt erzählen.